Islamkonferenz: Bülent Ucar wirft Bundesregierung Untätigkeit vor

Der Islamexperte Bülent Ucar sieht in der Deutschen Islam Konferenz kaum Potenzial zur Lösung der Probleme der Muslime in der deutschen Gesellschaft. Seit Jahren würden immer wieder lediglich Diskussionsrunden abgehalten und Absichtserklärungen abgegeben. «Ich bin inzwischen ratlos. Es wird geredet, ohne dass gehandelt wird», sagte der Osnabrücker Wissenschaftler.

Ein Beispiel sei etwa das Imamseminar, das er seit langem als praktischen Teil der Imam-Ausbildung fordere. Seit Jahren erklärten auch Politiker, Regierungs- und Verbandsvertreter, dass sie einen entsprechenden Bedarf sähen. «Aber keiner rührt sich, obwohl wir hierzu Konzepte erarbeitet haben.»

Stattdessen handle jetzt der türkische Staat, sagte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück. Die Religionsbehörde in Ankara habe gerade 400 Imamstellen für das Ausland ausgeschrieben. Von den Bewerbern würden hervorragende Fremdsprachenkenntnisse etwa in Deutsch oder Englisch erwartet.

Die staatlichen Stellen hätten längst mutiger handeln und mit den moderaten islamischen Institutionen kooperieren müssen. «Nun werden diese gemäßigten Kräfte entmachtet», sagte der Theologe und Religionspädagoge mit Bezug auf Niedersachsen und Bremen. Dort war der Vorstand des Ditib-Verbandes am Sonntag aus Protest gegen die Einflussnahme der türkischen Religionsbehörde zurückgetreten.

Ucar wird zur Eröffnung der vierten Deutschen Islam Konferenz mit Seehofer und dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, diskutieren. Die Konferenz ist seit 2006 das zentrale Forum der Bundesregierung für den gesamtstaatlichen Dialog mit Muslimen in Deutschland.

Die Ankündigung Seehofers, Moscheegemeinden finanziell unterstützen zu wollen, sieht Ucar skeptisch. In der Vergangenheit habe es solche Ankündigungen zuhauf gegeben, ohne dass sie umgesetzt worden seien. «Aber selbst wenn der Minister mit dem großen Geldbeutel kommt, werden bei den Verbänden nicht alle Hurra schreien.» Dort existierten mittlerweile Ängste bezüglich einer unzulässigen Einflussnahme des Staates. (epd)