Islamischer Theologe Khorchide: Gegen Terror die Solidarität der Gesellschaft setzen

Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide sieht nach dem Anschlag in Neuseeland auch in Deutschland die Gefahr von Angriffen auf Muslime. Die Anspannung bei Extremisten auf beiden Seiten habe zugenommen, sagte Khorchide.

«Umso wichtiger ist eine stärkere Solidarität in unserer Gesellschaft», erklärte der Direktor des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster. Nach dem Anschlag im neuseeländischen Christchurch sei die Bevölkerung in der Trauer und in der Solidarität mit den Opfern vereint gewesen.

In Deutschland sehe er diese große Solidarität noch nicht erreicht, sagte Khorchide. Das betreffe jedoch beide Seiten. «Ich würde mir genauso wünschen, dass wir Muslime uns nach Anschlägen durch Islamisten auf Nicht-Muslime mit den Opfern stärker solidarisch erklären.» Es habe zwar Solidaritätsbekundungen gegeben. Im Vordergrund habe jedoch immer die Distanzierung gestanden, dass der Terror mit Muslimen nichts zu tun habe.

Der islamische Theologe mahnte auch eine innerislamische Aufklärung an. Es gebe innerhalb der islamischen Lehre Positionen, die Gewalt verherrlichten. «Wir müssen uns fragen, wie wir damit umgehen», sagte der Islamwissenschaftler. Diese Aufklärung sei auch ein Ziel der von ihm gegründeten «Muslimischen Gemeinschaft NRW».

«Wir wollen das Bild des Islams verändern», unterstrich der Theologe. Der Islam solle auch mit positiven Akzenten versehen werden. «Da sind wir als Muslime in der Pflicht, ein positives Beispiel nach außen zu geben.»

Die neue muslimische Gemeinschaft wolle eine Bühne bieten für Muslime, «die Interesse an ihrer Religion haben, ohne daraus eine politische Agenda machen zu wollen», erläuterte Khorchide. «Wir stehen für einen weltoffenen Islam, jenseits von irgendwelchen politischen Agenden aus dem In- oder Ausland», unterstrich der Theologe. Viele Muslime sähen sich nicht von Gemeinschaften vertreten, die vom Ausland gesteuert seien oder vor allem politische Ziele hätten. Zudem wolle die Gemeinschaft Ansprechpartner der nordrhein-westfälischen Regierung für den islamischen Religionsunterricht sein.

Die im März gegründete Muslimische Gemeinde NRW hat laut Khorchide bislang 150 Mitglieder. Zu den Unterstützern zählt die Staatssekretärin im NRW-Integrationsministerium, Serap Güler (CDU), die Mitglied des Vereins ist. Der Islamwissenschaftler Khorchide steht für einen weltoffenen und dialogbereiten Islam. In seinem Buch «Islam ist Barmherzigkeit» wirbt Khorchide dafür, die Aspekte der Barmherzigkeit und der Liebe im Islam stärker in den Blick zu nehmen. (epd)