Iran erhöht im Atomstreit mit Ausweitung von Urananreicherung Druck auf Europa

Der Iran hat mit der Ankündigung einer Ausweitung seiner Urananreicherung den Druck auf die Europäer erhöht, die das Atomabkommen nach dem Ausstieg der USA zu retten versuchen. Wie die Führung in Teheran am Dienstag mitteilte, informierte sie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) über ihre Absicht. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte alle Beteiligten nach einem Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in Paris vor einer "Eskalation".

Der iranische Vize-Präsident Ali Akbar Salehi sagte, sein Land habe die IAEA am Montag in einem Brief über die Entscheidung zur Herstellung neuer Zentrifugen informiert. Womöglich könne schon am Mittwochabend in der Urananreicherungsanlage Natans ein Zentrum zur Produktion von neuen Zentrifugen eröffnet werden. Die Herstellung neuer Zentrifugen bedeute aber nicht, dass diese sofort installiert würden, sagte Salehi, der auch Leiter der iranischen Atomenergiebehörde ist.

Der Schritt bedeute weder einen Verstoß gegen das Atomabkommen von 2015 noch das Scheitern der Gespräche mit den Europäern über die Rettung des Abkommens, versicherte Salehi. Die EU bemüht sich, die Vereinbarung zu retten, nachdem US-Präsident Donald Trump sie Anfang Mai aufgekündigt und neue Strafmaßnahmen gegen den Iran verhängt hatte.

Der Iran hatte in der Folge des internationalen Atomabkommens die Zahl seiner Zentrifugen in Natans und der Urananreicherungsanlage Fordo deutlich reduziert. Zudem sagte Teheran zu, seine Vorräte hochangereicherten Urans zu beseitigen und Uran nicht länger auf 20 Prozent anzureichern. Das Abkommen erlaubt dem Iran, neue Zentrifugen herzustellen, solange er sie nicht vor 2025 in Betrieb nimmt.

Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei hatte die iranische Atomenergiebehörde am Montag aufgefordert, Schritte zur Ausweitung der Urananreicherung zu ergreifen. Zugleich warnte er, die Europäer dürften nicht erwarten, dass der Iran die neuen US-Sanktionen erdulden werde und zugleich weiterhin die Einschränkung seines Atomprogramms akzeptiere. Das sei ein "Traum", der niemals wahr werde.

Die Urananreicherung dient der Herstellung von Brennstoff für Atomkraftwerke, höher angereichertes Uran kann auch zu medizinischen Zwecken verwendet werden. Die Anreicherung auf 20 Prozent ist zugleich ein wichtiger Schritt zur Produktion von atomwaffenfähigem Uran. Der Iran hat stets bestritten, nach Atomwaffen zu streben, und betont, dass seine Atomanlagen ausschließlich zivilen Zwecken dienten.

Netanjahu wertete die Entscheidung zur Herstellung neuer Zentrifugen indes als Beweis, dass der Iran nach Atomwaffen strebe. Chamenei habe am Sonntag seine Absicht geäußert, "den Staat Israel zu vernichten", sagte Netanjahu in einer Videobotschaft. "Gestern hat er erklärt, wie er das tun will - durch unbegrenzte Urananreicherung, um ein Arsenal von Atombomben zu schaffen."

Macron sagte nach seiner Unterredung mit Netanjahu in Paris, es gehe darum, "die Lage zu stabilisieren und nicht einer Eskalation nachzugeben", die zu einem "Konflikt" führen könne. Teherans Erklärungen bedeuteten keinen Verstoß gegen das Atomabkommen von 2015. In Anspielung auf Trump fügte Macron hinzu, wer das Abkommen aufkündige, ermutige die andere Seite nicht zur Einhaltung des Vertrags. Allerdings sei das Abkommen nicht "völlig zufriedenstellend" und müsse überarbeitet werden. 

Netanjahu rief die internationale Gemeinschaft erneut auf, "maximalen Druck auf den Iran auszuüben". Die Regierung in Teheran habe über ihr Atomprogramm gelogen und verfolge das Ziel, Israel zu zerstören. "Die größte Bedrohung sind Atomwaffen in den Händen eines radikalislamischen Regimes."

Netanjahu sagte, er habe Macron nicht zum Ausstieg aus dem Atomabkommen aufgefordert. Das würden "die wirtschaftlichen Gegebenheiten regeln", fügte er unter Anspielung auf die Drohung der USA hinzu, Sanktionen gegen Firmen zu verhängen, die mit dem Iran Handel treiben.  (AFP)