Internationale Empörung über Verhaftung türkischer Aktivisten

Die Verhaftung des Türkei-Experten von Reporter ohne Grenzen (ROG) und zwei weiteren Aktivisten wegen Terrorpropaganda hat international Empörung ausgelöst. «Wir sind entsetzt über die Verhaftung unseres langjährigen Türkei-Korrespondenten Erol Önderoglu, teilte die Organisation am Dienstag mit und forderte dessen sofortige Freilassung.

Auch die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und Amnesty International forderten die Entlassung der Aktivisten und Einstellung der Ermittlungen. Amnesty nannte die Vorwürfe gegen die drei «rechtlich unbegründet». Deutsche Politiker reagierten empört auf die Entscheidung der türkischen Justiz.

Önderoglu, die Menschenrechtlerin Sebnem Korur Fincani und der freie Journalist Ahmet Aziz waren am Montag in Istanbul wegen des Vorwurfs der Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK in Untersuchungshaft genommen wurden. Nach Angaben des Anwalts Özcan Kilic führt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf Grundlage der umstrittenen Anti-Terror-Gesetze.

Der ROG-Geschäftsführer Christian Mihr sagte am Dienstag in Berlin: «Es ist unfassbar, dass die Türkei nicht einmal davor zurückschreckt, ihre zutiefst undemokratischen Antiterrorgesetze gegen derart prominente Verteidiger der Pressefreiheit einzusetzen.»

Alle drei Aktivisten kritisierten immer wieder das Vorgehen der islamisch-konservativen AKP-Regierung im Kurdenkonflikt. Im Südosten der Türkei führt das Militär eine Offensive gegen die PKK. Unter den Kämpfen leidet auch die Zivilbevölkerung.

Die drei hatten sich an einer Kampagne gegen den zunehmenden Druck auf die pro-kurdische Zeitung «Özgür Gündem» beteiligt. Die Aktion hatte am 3. Mai zum Tag der Pressefreiheit begonnen. Seitdem übernehmen Unterstützer symbolisch den Posten der Chefredaktion der «Özgür Gündem». Gegen 37 von ihnen wird nach HRW-Angaben inzwischen ermittelt.

Nach Angaben der Zeitung stieg die Zahl der Unterstützer am Dienstag von 44 auf 106. Vor dem Redaktionsgebäude der «Özgür Gündem» in Istanbul versammelte sich am Dienstag eine Gruppe Unterstützer, um gegen die Festnahmen zu protestieren. Darunter waren die bekannten türkischen Journalisten Can Dündar und Ahmet Sik. Demonstranten hielten ein Banner mit der Aufschrift «Freie Presse kann nicht zum Schweigen gebracht werden.»

Auch deutsche Politiker äußerten sich besorgt über die Situation in der Türkei. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) sagte, die türkische Justiz agiere inzwischen «jenseits der rechtstaatlichen Normen» und sei nur noch Vollzugsorgan der AKP-Regierung und des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen forderte den Stopp deutscher Waffenlieferungen in die Türkei. «Wer wie der türkische Staatspräsident Erdogan auf Gewalt, Krieg und die Verfolgung politisch Andersdenkender setzt, darf kein Partner sein», sagte sie. Der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Schwabe, forderte eine Überarbeitung der türkischen Anti-Terror-Gesetze.

Diese Gesetze sorgen seit längerem für Streit zwischen der EU und der Türkei. Die EU fordert eine Änderung, damit sie nicht gegen Oppositionelle missbraucht würden. (dpa)

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