Immer größere Proteste in Myanmar gegen Militärputsch

Die Proteste in Myanmar weiten sich aus. Am Wochenende demonstrierten in mehreren Städten teils Zehntausende gegen die Militärjunta. Im Osten des Landes soll die Polizei Gummigeschosse abgefeuert haben. Frankfurt a.M./Rangun.



Knapp eine Woche nach dem Putsch in Myanmar weiten sich die landesweiten Proteste gegen das Militär aus. In der Wirtschaftsmetropole und einstigen Hauptstadt Rangun gingen am Sonntag an drei verschiedenen Standorten zehntausende Menschen auf die Straßen, wie das Nachrichtenportal «Myanmar Now» berichtete. Schon am Vortag hatten dort mehrere Tausend Menschen demonstriert. Mit drakonischen Maßnahmen wie einer fast vollständigen Sperre des Internets haben die Militärs bislang vergeblich versucht, den friedlichen Widerstand zu stoppen. Aus anderen Städten wurden ebenfalls weitere Kundgebungen gemeldet.



Viele Protestierende hatten sich rote Bänder angesteckt oder trugen rote Luftballons bei sich. Rot ist die Farbe der «Nationalen Liga für Demokratie» (NLD) der am vergangenen Montag gestürzten De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. In Sprechchören skandierten die Menschen: «Nieder mit der Militärdiktatur!». Viele zeigten den «Drei-Finger-Gruß» aus dem Hollywood-Blockbuster «Die Tribute von Panem». Im benachbarten Thailand ist diese Geste des Widerstands seit dem Putsch vom Mai 2014 verbreitet.  



Nach Facebook hatten die Militärmachthaber am Samstag auch die Zugänge zu Twitter und Instagram blockieren lassen und die Sperre dann auf fast das gesamte Internet ausgeweitet. Medienberichten zufolge wurde diese am Sonntag teilweise wieder aufgehoben. Über die sozialen Netzwerke hatten Beschäftigte in Krankenhäusern und an Universitäten sowie Studierende zu Aktionen des zivilen Widerstands aufgerufen. Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter sowie Angestellte aus Behörden schlossen sich an.



Unterdessen wächst die Sorge vor einer Niederschlagung. Das Magazin «Irrawaddy» stellte ein Video ins Internet, wonach Polizisten am Sonntagmittag (Ortszeit) in der Stadt Myawaddy im Bundesstaat Karen an der Grenze zu Thailand Gummigeschosse in eine Menge von mehreren Hundert Demonstranten feuerten. Sechs Personen wurden demnach verhaftet.  



Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, appellierte an die internationale Gemeinschaft, der pro-demokratische Bewegung zur Seite zu stehen: «Die mutige Bevölkerung in Myanmar soll wissen, dass sie nicht allein ist, wenn sie ihre fragile Demokratie  verteidigt», erklärte Andrews am Sonntag. Den UN-Menschenrechtsrat forderte er auf, unverzüglich eine Sondersitzung einzuberufen.  



Demnach sind mehr als 160 Personen seit Beginn des Putsches verhaftet worden. Darunter sind vor allem Angehörige der gestürzten Regierung sowie Mitglieder von Bürgerrechtsorganisationen. Viele weitere Menschen sind laut Andrews untergetaucht. Zwischenzeitlich hatte es Gerüchte gegeben, Suu Kyi sei aus dem Hausarrest entlassen worden. Diese erwiesen sich jedoch als falsch.



Die Armee hatte den Putsch mit angeblichem Wahlbetrug begründet, ohne Beweise vorzulegen. Die  Wahlen vom 8. November hatte Suu Kyis NLD klar gewonnen. Die Partei der Militärs war unterlegen. Schon in der Vergangenheit stand Myanmar (früher Birma) fast 50 Jahre unter Militärherrschaft. Erst 2011 hatte eine politische Öffnung begonnen. (epd)