Hunderte Flüchtlinge harren weiter auf Mittelmeer aus

Hunderte Flüchtlinge haben die Schiffe privater Hilfsorganisationen in den vergangenen Tagen im Mittelmeer gerettet. Einige von ihnen konnten nun in Italien an Land gehen - doch viele Menschen müssen vorerst auf den Schiffen bleiben.



Frankfurt a.M./Catania. Hunderte Flüchtlinge, die von Hilfsorganisationen im Mittelmeer gerettet wurden, müssen weiter auf den Rettungsschiffen ausharren. Zwar konnten sowohl von der «Humanity 1» als auch von der «Geo Barents» einige der aus Seenot geretteten Menschen in Italien an Land gehen. Doch 214 Personen an Bord der von «Ärzte ohne Grenzen» betriebenen «Geo Barents» durften das Schiff am Montag vorerst nicht verlassen, wie eine Sprecherin der Hilfsorganisation dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Die Bundesregierung will die zivile Seenotrettung nicht blockiert sehen, äußerte sich zur Aufnahme Geretteter aber zurückhaltend.



Die Crew der «Geo Barents» hatte zwischen dem 27. und 29. Oktober 572 Flüchtlinge und Migranten im Mittelmeer gerettet und seitdem auf die Zuweisung eines Hafens gewartet. Bis Montag hätten 358 Menschen das Schiff in Catania verlassen, sagte die Sprecherin von «Ärzte ohne

Grenzen». Auch von der «Humanity 1» durften lediglich 144 der 179 geretteten Flüchtlinge in Catania an Land gehen. 35 Schutzsuchende mussten somit nach Angaben der deutschen Organisation SOS Humanity an Bord bleiben. Am Montag habe die Organisation rechtliche Schritte

eingeleitet, «um die Ausschiffung zu vollenden», sagte ein Sprecher von SOS Humanity dem epd.



Auch die «Ocean Viking» des internationalen Verbundes SOS Méditerranée wartete am Montagmittag weiter auf einen Hafen für alle der mehr als 230 im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge. Mission Lifeline forderte derweil erneut einen Hafen für 95 Flüchtlinge und Migranten auf der «Rise Above».



Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend zu der Frage, ob Deutschland weitere Gerettete aufnehmen werde. Ein Sprecher des Innenministeriums wies auf laufende Gespräche hin und darauf, dass Deutschland bereits über den im Juni vereinbarten gemeinsamen Solidaritätsmechanismus 3.500 Menschen aufnehme, die über das Mittelmeer nach Europa gekommen seien. Mitte Oktober habe es einen ersten Transfer aus Italien mit 74 Asylsuchenden gegeben. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, dass die zivile Seenotrettung nicht behindert werden dürfte.



Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir mahnte Unterstützung für die Flüchtlinge an. «Es ist sehr wichtig, dass wir den Menschen auf den Rettungsschiffen jetzt schnell helfen», sagte der stellvertretende Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe Migration und Integration dem epd. Gleichzeitig seien «einzelne Aufnahmen langfristig keine Antwort auf das Problem der Verteilung Geflüchteter innerhalb der EU». Es brauche eine «solidarische europäische Geflüchtetenpolitik».



Bereits in der Vergangenheit mussten im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge und Migranten immer wieder tagelang warten, bis sie einen Hafen in Europa zugewiesen bekommen. Es wird befürchtet, dass die neue rechtsgerichtete Regierung in Italien den Kurs gegen die privaten Seenotrettungsorganisationen verschärft. Bei der Überquerung des Mittelmeers kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in diesem Jahr 1.891 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen. (epd)