Gabriel würdigt Ägyptens Machthaber als «beeindruckenden Präsidenten»

Gerade gingen Tausende wütende Ägypter gegen ihren Präsidenten auf die Straße. Der hat aus Finanznot zwei Inseln an Saudi-Arabien abgegeben und hat für Menschenrechte wenig übrig. Vizekanzler Sigmar Gabriel traut dem wegen massiver Menschenrechtsverstöße umstrittenen ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi eine Stabilisierung des Landes zu. «Ich finde, Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten», sagte Gabriel am Sonntag nach einem fast zweistündigen Gespräch mit dem General i.R. bei einer Pressekonferenz in dessen Präsidialpalast.

Deutschland sei bereit, Ägypten etwa bei der Sicherung seiner Grenze zu Libyen gegen Waffenschmuggel zu helfen. Kairo, das bereits vier deutsche U-Boote erhält, setzt auf deutsche Grenzschutzanlagen und Rüstungsgüter. Auch bot Gabriel dem bevölkerungsreichsten arabischen Land internationale Unterstützung gegen die Finanzklemme an.

Der SPD-Chef kritisierte in Kairo deutlich die schlechte Menschenrechtslage und mahnte Verbesserungen für Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschafter, Presse und ausländische Stiftungen an. Zehntausende Regimegegner sind in Haft. Italien hat seinen Botschafter aus Kairo zurückgerufen, nachdem ein 28-jähriger italienischer Wissenschaftler in Kairo unter ungeklärten Umständen zu Tode gefoltert worden war.

Al-Sisi sei mit der Kritik «bemerkenswert offen umgegangen» und habe das Menschenrechtsthema von selbst angesprochen, sagte Gabriel. Ägypten habe sich auf den schwierigen Weg gemacht, das 90-Millionen-Land Schritt für Schritt zu demokratisieren. Deutschland und Europa hätten «ein Rieseninteresse daran, dass das Land stabil bleibt» - nicht zuletzt wegen der Flüchtlingskrise und des Kampfes gegen den islamistischen Terror. 

Noch am Freitag waren landesweit Tausende Ägypter gegen Al-Sisi auf die Straße gegangen. Der Präsident hatte bei der Opposition und Bürgern Empörung ausgelöst, weil Ägypten zwei strategisch bedeutsame Inseln am Golf von Akaba an Saudi-Arabien abtritt. Dafür gibt das saudische Königshaus weitere Milliarden-Finanzhilfen. 

In Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bot Gabriel in Kairo an, Deutschland könne als Vermittler gemeinsam mit der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und dem Pariser Club der Gläubigerstaaten nach Finanzierungslösungen für Kairo suchen. Die ägyptischen Währungsreserven sind arg geschrumpft, das Staatsdefizit ist gewaltig.

Weil wegen der Terrorgefahr die Zahl der Touristen - auch aus Deutschland - eingebrochen ist, kommen zu wenige Devisen ins Land. Gabriel bestätigte, dass eine offizielle Einladung Al-Sisis an Merkel zu einem Besuch in Kairo auf dem Weg nach Berlin sei. Der Bundeswirtschaftsminister wird von fast 100 Wirtschaftsvertretern begleitet, die auf neue Großaufträge am Nil hoffen.

Unterdessen hat Grünen-Chef Cem Özdemir das Lob von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) für den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi scharf kritisiert. «Ich weiß nicht, was Herrn Gabriel beeindruckt hat an Präsident Sisi - ist es die Folter, ist es die Unterdrückung, ist es die Zensur, ist es der Umgang mit deutschen Stiftungen?», sagte Özdemir am Montag im ARD-«Morgenmagazin.»

Die Bundesregierung habe ein Problem mit dem Umgang mit autoritären Herrschern, sagte Özdemir. Das sei auch am Verhältnis zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sichtbar. Es brauche keine Unterwerfungsgesten, sondern Kritik. «Ein starkes Ägypten gibt es nur als demokratisches Ägypten», sagte Özdemir. (dpa)