Friedensforscher werfen EU Versagen bei Flüchtlingspolitik vor

Friedensforscher gehen mit der Flüchtlingspolitik der EU hart ins Gericht. "Den Vorrang des Schutzes von Menschenleben setzt die EU im Mittelmeer stillschweigend aus, menschenverachtende Bedingungen an Europas 'Außengrenzen', wie zum Beispiel in Libyen, nimmt sie in Kauf oder unterstützt sie sogar", heißt es in dem am Dienstag in Berlin vorgestellten "Friedensgutachten".

Die EU sei "kein Vorreiter für eine humane Flüchtlingspolitik. Im Gegenteil: Sie schottet sich ab und setzt auf problematische Partnerschaften", so die Autoren der Studie. Die EU habe "die tödlichste Außengrenze weltweit". Mutmaßlich 35.000 Menschen seien seit dem Jahr 2000 im Mittelmeer ertrunken.

Die europäische Außengrenze sei durch ein "umfassendes und ausgeklügeltes 'Non-Entree-Regime'" geprägt. Hierzu gehörten seit einigen Jahren sogenannte Migrations- und Mobilitätspartnerschaften mit autoritär regierten Transit- und Herkunftsstaaten wie Libyen, Sudan oder der Türkei.

Die Entwicklungszusammenarbeit stehe zunehmend im Dienst sicherheits- und migrationspolitischer Überlegungen. Die europäische Unterstützung der Länder Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad sei ein weiterer Beleg für den Vorrang sicherheitspolitischer und militärischer Kalküle. "Eine menschenrechtsorientierte Politik gerät dabei ins Hintertreffen."

Die Experten fordern die EU auf, die migrationspolitische Kooperation mit "autoritär-repressiven Regimen" zu beenden. Sie berge das Risiko, demokratischen Wandel zu blockieren und zu neuen Krisen und Fluchtbewegungen beizutragen.

Das "Friedensgutachten" erschien 1987 zum ersten Mal und soll den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik fördern sowie praktische Handlungsanweisungen in der Friedenspolitik liefern. Herausgegeben wird das Gutachten vom Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC), dem Leibniz-Institut Hessische Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), dem Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) und dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH). (KNA)