Experten fürchten weitere Zerstörungen antiker Stätten durch den IS

Die Zerstörung antiker Kulturschätze durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat hat weltweites Entsetzen hervorgerufen. Die UN-Kulutorganisation Unesco rief am Freitag den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag an und forderte eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats. Hohe Islamische Rechtsgelehrte warfen den Dschihadisten völlige Unkenntnis des Islam vor, die Arabische Liga sprach von einem "abscheulichen Verbrechen". Archäologen warnten, die Zerstörungen im Museum von Mossul könnten erst der Anfang sein.

"Dieser Angriff ist weit mehr als eine kulturelle Tragödie - dies ist auch eine Sicherheitsfrage", sagte Unesco-Direktorin Irina Bokova am Freitag. Mit seiner "Terrorstrategie" wolle der IS die Menschen im Irak und Syrien destabilisieren und die Identität ganzer Volksgemeinschaften bedrohen. Die Zerstörung sei ebenso Teil dieser Strategie wie der Verkauf geraubter Kulturgüter, sagte Bokova. Deshalb habe sie die Staatsanwaltschaft des IStGH eingeschaltet.

In einem am Donnerstag veröffentlichten Video waren Extremisten im Museum von Mossul zu sehen, wie sie Statuen von ihren Podesten stoßen und mit Vorschlaghämmern zerschlagen. Mit einem Presslufthammer zerstörten sie die große Granitstatue eines assyrischen geflügelten Bullen am Nergal-Tor in der Stadt. Zudem zerstörten sie eine Moschee aus dem zwöfltem Jahrhundert und Teile der Sammlung der Bibliothek von Mossul. Die Extremisten rechtfertigten ihre Taten damit, dass auch der Prophet Mohammed in Mekka Götterbilder beseitigt habe.

In Kairo wies das oberste islamische Rechtsinstitut Dar al-Ifta darauf hin, dass der IS mit seiner Auslegung der islamischen Lehren falsch liege. Mohammeds Begleiter seien bei ihren Eroberungen immer wieder auf ähnliche Schätze wie in Mossul gestoßen, ohne deren Zerstörung angeordnet zu haben. Diese seien heute von "unschätzbarem historischen Wert". Auf den Rat der Gelehrten von Dar al-Ifta hören Muslime in aller Welt.

Experten reagierten entsetzt auf die Zerstörung der Kulturschätze. Sie wiesen darauf hin, dass die IS-Kämpfer im Museum von Mossul die antike Stadt Nimrud südlich von Mossul als ihr nächstes Ziel bezeichnet hätten. Die Zerstörung der Stadt der Assyrer und möglicherweise auch des Unesco-Welterbes Hatra wäre eine "echte Katastrophe", sagte der irakische Archäologe Abdelamir Hamdani von der Stony Brook Universität in New York. Er und weitere Kollegen riefen die internationale Gemeinschaft auf, alles zum Schutz der antiken Stätten in den vom IS kontrollierten Gebieten zu unternehmen.

Für Entsetzen sorgte der IS zuletzt auch mit der Verschleppung von mehreren hundert assyrischen Christen im Nordosten von Syrien. Die US-geführte Koalition gegen die Dschihadisten griff am Donnerstag Ziele des IS in der Region an, wie Aktivisten mitteilten. Zu Opfern und Schäden machten sie zunächst keine Angaben.

Die Dschihadisten kontrollieren weite Teile im Irak und in Syrien und verüben in den Gebieten regelmäßig Gräueltaten an Andersgläubigen. Neben der Unterstützung für die kurdischen Kämpfer aus der Luft wollen die USA auch bei der Ausbildung gemäßigter syrischer Rebellen helfen. Ein gemeinsame Schulung mit der Türkei soll türkischen Angaben zufolge am Sonntag im zentralanatolischen Kirsehir beginnen. An ihr nehmen auch US-Ausbilder teil. Ähnliche Projekte planen die USA mit mehreren arabischen Staaten. Insgesamt sollen in den kommenden drei Jahren rund 15.000 Kämpfer ausgebildet werden. (AFP)