Ex-Präsident Mohamed Khatami warnt iranische Führung vor Zusammenbruch

Irans Ex-Präsident Mohamed Khatami hat die iranische Führung vor einem politischen Zusammenbruch gewarnt, falls es keine echten Reformen geben sollte. «Ohne Reformen wäre das Establishment zum Scheitern verurteilt (...). Vielleicht nicht morgen, aber eines Tages», erklärte Khatami am Donnerstag. Es gebe Misstrauen zwischen dem Volk und der politischen Führung und das sei gefährlich.

Khatami gilt als eigentlicher Führer der iranischen Reformbewegung. In der Islamischen Republik herrsche neben der Republik ein Islam, der aber die Rechte der Bürger nicht respektiere, sagte der 74 Jahre alte Kleriker. Die Geschichte des schiitischen Islams zeige jedoch, dass sogar für die heiligen Imame der Wille des Volkes stets im Vordergrund gestanden habe. Daher sollten auch in einem religiös-politischen System wie dem des Irans soziale Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit stets an erster Stelle stehen, sagte Khatami.

Das islamische Regime im Iran steckt seit einigen Wochen in der wohl schlimmsten Krise seiner 40-jährigen Geschichte. Die Hauptgründe dafür sind der US-Ausstieg aus dem Atomabkommen, neue amerikanische Sanktionen und vor allem eine Blockade des internationalen Zahlungsverkehrs mit dem Iran. Die wachsende Unzufriedenheit im Land hat aber auch innenpolitische Gründe: Der Islam als ideologische Basis für ein politisches System funktioniere nicht mehr, sagen die Kritiker, deren Stimmen - besonders in den sozialen Medien – immer lauter werden.

Für viele Kritiker und Dissidenten käme nur Khatami, der zweifelsfrei beliebteste Politiker des Landes, als Retter des derzeitigen Systems infrage. Der Mann, der in den Jahren 1997 bis 2005 Präsident war, steht aber beim Regime seit fast zehn Jahren auf einer schwarzen Liste. Er hatte bei der Präsidentschaftswahl 2009 seinem Erzfeind Mahmud Ahmadinedschad Manipulation und dem gesamten System Wahlfälschung vorgeworfen. Seitdem dürfen auch die Medien des Landes keine Nachrichten und Bilder mehr von ihm veröffentlichen. Khatami darf auch das Land nicht verlassen. (dpa)