Europäischer Gerichtshof bekräftigt Sonderstaus der Westsahara

Die Westsahara ist seit Jahrzehnten ein Streitfall des Völkerrechts. Marokko beansprucht das Gebiet, die Bewegung Polisario verlangt Unabhängigkeit. Jetzt fällt der EuGH ein möglicherweise heikles Urteil.

Der Europäische Gerichtshof hat den Sonderstatus des von Marokko beanspruchten Gebiets Westsahara bekräftigt. Das Handelsabkommen der Europäischen Union mit dem nordafrikanischen Königreich gelte nicht für das seit Jahrzehnten umstrittene Territorium, entschieden die Luxemburger Richter am Mittwoch. Mit dieser Begründung wies der EuGH eine Klage der Gruppe Polisario gegen den Vertrag ab und hob ein Urteil der Vorinstanz auf.

Die Entscheidung könnte diplomatisch heikel werden, weil Marokko die ehemalige spanische Kolonie Gebiet als seine «südliche Provinzen» ansieht und auch zum größten Teil kontrolliert. Die Polisario setzt sich dagegen seit Jahrzehnten für die Unabhängigkeit ein.

Der EuGH verwies in seinem Urteil auf den durch die Vereinten Nationen eingeräumten «gesonderten und unterschiedlichen Status» der Westsahara. Der in dem EU-Handelsabkommen verwendete Ausdruck «Gebiet des Königreichs Marokko» könne auch wegen des Grundsatzes der Selbstbestimmung der Völker «nicht dahin ausgelegt werden, dass er die Westsahara umfasst».

Daraus ergibt sich aus Sicht des Gerichts: Der EU-Vertrag gilt nicht für die Westsahara, die Polisario ist somit nicht betroffen und kann auch nicht dagegen klagen. Der von der Polisario angefochtene EU-Beschluss zur Billigung des Abkommens, mit dem der Handel von Agrarprodukten zwischen EU und Marokko vereinfacht werden soll, hat also Bestand.

Dass Vorschriften des Vertrags «de facto« auf Erzeugnisse der Westsahara angewendet werden, ändert daran aus Sicht des Gerichts nichts: Es sei nicht erwiesen, «dass diese Praxis auf einer Übereinstimmung der Vertragsparteien über die Änderung der Auslegung des räumlichen Geltungsbereichs» beruhe.

Das EU-Gericht hatte 2015 noch anders entschieden und der Klage von Polisario stattgegeben. Im Frühjahr hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Marokko wütende Proteste ausgelöst, weil er im Zusammenhang mit der marokkanischen Präsenz auf dem Territorium das Wort «Besatzung» verwendet hatte. (dpa)

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