EU und Iran setzen auf Neuanfang der Zusammenarbeit

Die Europäische Union und der Iran wollen nach Beilegung des Streits um das iranische Atomprogramm ein neues Kapitel in ihren Beziehungen aufschlagen. «Die EU will im Rahmen eines kritischen, aber zugleich konstruktiven Dialogs einen umfassenden Neuanfang der Zusammenarbeit mit dem Iran», sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am letzten Samstag in Teheran.

Auch der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sprach von einer neuen Ära der Beziehungen zur EU. Er kritisierte aber, dass einige für den Iran wichtige Punkte des Atomabkommens noch nicht vollständig umgesetzt worden seien. «Es ist an der Zeit, dass das Atomabkommen nicht nur auf Papier steht, sondern die Iraner auch was davon haben», sagte der iranische Chefdiplomat. 

Der Iran fordert unter anderem, dass die Verbindungen zum europäischen Bankensystem wieder normal funktionieren. Zwar sind die gegen den Iran verhängten Sanktionen seit Mitte Januar aufgehoben, aber der Iran ist immer noch weitgehend vom internationalen Bankensystem ausgeschlossen. Europäische Banken zögern aus Sorge vor US-Strafen, die zum Teil bereits unterzeichneten Abkommen mit europäischen Unternehmen zu finanzieren.

Eine Reihe europäischer Unternehmen sind nach Mogherinis Worten für ihre Geschäfte mit dem Iran auf ein solides Bankensystem angewiesen. Die EU werde alles unternehmen, um dieses Problem zu lösen, sagte sie. Man könne zwar die Banken nicht zu einer Zusammenarbeit mit dem Iran zwingen, aber zumindest versichern, dass die EU eine Normalisierung begrüßen würde.  

Sieben Mitglieder der EU-Kommission begleiteten Mogherini auf ihrer Reise. Sie trafen iranische Kollegen und vereinbarten für die EU eine engere Zusammenarbeit in Bereichen wie Energie, Umwelt, Forschung und Bildung. Zudem hielt sich der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil zu politischen Gesprächen im Iran auf.

Zudem soll ein Dialog zum Thema Migration aufgenommen werden. Die EU will vor allem verhindern, dass sich noch mehr im Iran lebende Afghanen auf den Weg in Richtung Europa machen. Bei den Gesprächen in Teheran versprach die Kommission zusätzliche Soforthilfen für die Flüchtlinge in Höhe von 6,5 Millionen Euro. Nach Angaben von EU-Diplomaten haben rund drei Millionen Afghanen in dem Nachbarland Iran Zuflucht gefunden. 

Die Menschenrechtslage im Iran war bei den Gesprächen nur am Rande Thema. «Wir bauen diesbezüglich auf Engagement und Dialog», sagte Mogherini. Sarif erklärte sich bereit, auch über dieses kontroverse Thema mit der EU zu diskutieren. «Wir haben aber dazu auch was zu sagen», sagte er und bezog sich dabei auf eine vom Iran kritisierte Islamfeindlichkeit innerhalb der EU. Mit Vertretern der Zivilgesellschaft konnten nach Angaben von Diplomaten wegen der Kürze des Besuchs keine Treffen vereinbart werden.

Eine ranghohe EU-Beamtin betonte, dass die Wiederaufnahme des Dialogs auch mit Blick auf die Menschenrechtssituation eine Chance sei. «Wir können Differenzen und Bedenken jetzt sehr direkt und offen ansprechen», kommentierte sie. «Die Tatsache, dass wir jetzt wieder engere Kontakte mit dem Iran haben, heißt nicht, dass unsere Bedenken und unsere Differenzen nicht mehr existieren.» (dpa)

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