Erneute Proteste im Libanon trotz angekündigter Reformen

Trotz angekündigter Reformen zur Entschärfung der wirtschaftlichen Krise im Libanon sind dort wieder Tausende Menschen auf Straßen und öffentliche Plätze gezogen. In der Hauptstadt Beirut versammelten sich am Dienstag Demonstranten, die einen Generalstreik erklärten und den Reformvorhaben der Regierung eine klare Absage erteilten. Ministerpräsident Saad Hariri hatte gehofft, die seit vergangenem Donnerstag anhaltenden Proteste mit den Vorschlägen zu beenden und die Bevölkerung zu beruhigen.

Einem Kabinettsbeschluss vom Montag zufolge sollen unter anderem die Gehälter von Ministern sowie Parlamentsabgeordneten um die Hälfte gekürzt werden. Außerdem sollen Regierungseinrichtungen geschlossen oder zusammengelegt werden. Neue Steuern sollen im kommenden Jahr nicht erhoben werden.

Unterdessen kündigte die Bankenvereinigung laut libanesischen Medienberichten an, ihre Standorte auch am Mittwoch geschlossen zu halten. Bildungsminister Akram Chehayeb forderte Schulen und Universitäten auf, den seit Freitag ruhenden Lehrbetrieb wieder aufzunehmen und ausgefallene Unterrichtseinheiten zu kompensieren.

Die katholische Privatuniversität Notre Dame 15 Kilometer nördlich von Beirut kündigte laut Berichten an, angesichts der anhaltenden Demonstrationen und Straßensperren die Schließung auch am Mittwoch aufrecht zu erhalten. Studierende und Dozenten weiterer Universitäten riefen dazu auf, die Anweisung des Ministeriums zu ignorieren und sich an den Protesten zu beteiligen.

Entzündet an geplanten neuen Steuern, richten sich die Proteste inzwischen gegen die Regierung sowie die gesamte politische Führungsriege. Die Demonstranten warfen den Politikern Korruption und jahrzehntelange Misswirtschaft vor und forderten ihren Rücktritt. Trotz der vom Kabinett am Montag beschlossenen umfassenden Reformen halten sie an ihren Forderungen fest.

Die Proteste hatten das öffentliche Leben in Beirut bislang teilweise lahmgelegt. Dort brannten in den vergangenen Tagen Straßenbarrikaden und Straßen wurden gesperrt. Auslöser war unter anderem die Ankündigung der Regierung, künftig eine tägliche Gebühr auf die Nutzung von Kommunikationsdiensten wie WhatsApp zum Telefonieren zu erheben. (dpa/KNA)