Erneute Kritik an Verleihung des Remarque-Friedenspreises an Adonis

Nachdem die Stadt Osnabrück die Verleihung des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises an den syrischen Dichter Adonis verschoben hat, hat sich ein weiterer Kritiker zu Wort gemeldet. Der irakische Schriftsteller Najem Wali hat die Jury aufgefordert, über die Entscheidung noch einmal "grundsätzlich nachzudenken". In einem Beitrag für das am Samstag erscheinende Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" beschreibt der in Berlin lebende Autor die Nähe von Adonis zum politischen Extremismus und religiösen Fundamentalismus.
 
Wali kritisiert die einstige Begeisterung von Ali Ahmad Said alias Adonis für die iranische Revolution des Ajatollah Khomeini. Dem habe der Lyriker ein Lobgedicht gewidmet. Zudem habe Adonis früher den Wahhabismus verharmlost, der terroristische Gruppen wie Al-Kaida und den "Islamischen Staat" ideologisch präge.
 
Am Mittwoch hatte die Stadt Osnabrück mitgeteilt, dass die umstrittene Preisverleihung aus organisatorischen Gründen auf das Frühjahr verschoben werde. Für das obligatorische Rahmenprogramm des Festaktes hätten sich keine Gesprächspartner gefunden, die sich mit dem Dichter und seinem Werk auseinandersetzen wollten. Das habe sicher auch mit der öffentlich geäußerten Kritik zu tun.
 
Adonis sollte die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung eigentlich am 20. November entgegennehmen. Nachdem die Stadt den Preisträger im Sommer verkündet hatte, war Kritik laut geworden. Syrische Oppositionelle, Menschenrechtler und auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, warfen dem Dichter eine undistanzierte Haltung zum Regime des Machthabers Baschar al-Assad vor. Die Jury hatte betont, sie wolle mit dem Preis Adonis' Eintreten für eine Trennung von Religion und Staat sowie die Gleichberechtigung der Frauen in der arabischen Welt würdigen.
 
Die Stadt wolle ausdrücklich an der Verleihung festhalten, betonten der Juryvorsitzende, Uni-Präsident Wolfgang Lücke, und Oberbürgermeister Wolfgang Griesert (CDU). Sie hätten keinerlei Bedenken, "dass die Positionen von Adonis würdig sind, mit dem Remarque-Friedenspreis ausgezeichnet zu werden". Mit dem Preisträger solle eine notwendige Diskussion über die Ursachen des gegenwärtigen Bürgerkrieges in Syrien angestoßen werden. (epd)

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