Erneute Kritik an Vergabe von Friedenspreis an syrischen Dichter Adonis

Erneut hat ein syrischer Oppositioneller die Vergabe des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises an den syrisch-libanesischen Dichter Adonis (85) durch die Stadt Osnabrück kritisiert. Der in Istanbul im Exil lebende Autor Yassin Al-Haj Saleh warf den Verantwortlichen Halsstarrigkeit und Unbelehrbarkeit vor. Sie beharrten auf der Ehrung, obwohl sie bereits von anderen auf Adonis undistanzierte Haltung zum Regime des Machthabers Baschar al-Assad aufmerksam gemacht worden seien, schrieb Saleh in einem Gastbeitrag für den «Kölner Stadt-Anzeiger» (Dienstagsausgabe).

Adonis sei nicht, wie von der Jury als Begründung angeführt, für ein besonderes Engagement im Kampf für Frauenrechte und Emanzipation bekannt geworden. Der Dichter habe auch niemals einem freiheitlichen säkularen Denken nahegestanden, betonte Saleh, der von 1980 bis 1996 in politischer Haft saß: «Adonis wendet sich gegen eine Herrschaft des Islam, weil sie islamisch ist, nicht weil es eine Herrschaft ist.» Er soll den mit 25.000 Euro dotierten Preis am 20. November überreicht bekommen.

Schon der syrische Journalist Ahmad Hissou von der Deutschen Welle hatte sich über die Preisvergabe entsetzt gezeigt. Auch er hatte Adonis mangelnde Distanz zum Assad-Regime vorgeworfen. Der Menschenrechtler Rupert Neudeck hatte die Jury aus demselben Grund zur Rücknahme ihrer Entscheidung aufgefordert. Der Schriftsteller Navid Kermani hatte es aufgrund der politischen Äußerungen von Adonis abgelehnt, die Laudatio auf den Preisträger zu halten.

Die Verantwortlichen hatten die Kritik zurückgewiesen. Sie führten Äußerungen des Dichters als Beweis dafür an, dass er sich durchaus kritisch mit dem Assad-Regime auseinandersetze. Mit der Auszeichnung sei darüber hinaus durchaus beabsichtigt gewesen, intensiv über die Probleme in Syrien ins Gespräch zu kommen. Es müsse darum gehen, über Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren und die Frage nach der Verantwortlichkeit und Einflüssen anderer Staaten zu stellen, sagte der Jury-Vorsitzende, Universitätspräsident Wolfgang Lücke. (epd)

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