Ermittlung gegen türkische Zeitung wegen "Charlie-Hebdo"-Abdruck

Die Staatsanwaltschaft in Istanbul ermittelt gegen die oppositionelle Tageszeitung "Cumhuriyet", weil sie Auszüge der aktuellen Ausgabe der französischen Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" abgedruckt hat. Das Verfahren sei wegen der Mittwochausgabe eröffnet worden, in der Mohammed-Karikaturen zu finden sind, teilte "Cumhuriyet" am Donnerstag im Internet mit. Der Chefredakteur war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Fernsehsender CNN Türk berichtete, die Staatsanwaltschaft gehe dem Vorwurf nach, "Cumhuriyet" habe zu Hass angestiftet. Abbildungen des Propheten sind im Islam nicht gestattet. Blasphemie wird in der Türkei mit Gefängnis bestraft.

Das überregionale Blatt hatte Teile der ersten "Charlie-Hebdo"-Ausgabe nach dem Anschlag von Paris übernommen und ist eine der fünf internationalen Ausgaben der Satire-Zeitung. Auf vier Seiten brachte "Cumhuriyet" Artikel und Karikaturen der französischen Kollegen. In Schwarz-Weiß und deutlich kleiner auf nur zwei Spalten wurde auch eine Version der Titelseite von "Charlie Hebdo" abgebildet. Im französischen Original ist Mohammed auf grünem Grund zu sehen. Dem Propheten rinnt eine Träne herunter. Er hält ein Schild hoch mit der Aufschrift "Je suis Charlie" ("Ich bin Charlie") - dem Ausruf der Solidarität mit den Opfern, der sich in Windeseile auf der ganzen Welt verbreitet hat. Über Mohammed steht: "Tout est pardonné" - "Alles ist vergeben."

Die Türkei verurteilte den Anschlag auf "Charlie Hebdo", bei dem vergangene Woche in Paris zwölf Menschen getötet wurden. Zugleich warnten türkische Politiker vor einer wachsenden Islam-Feindlichkeit in Europa. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu kritisierte "Cumhuriyet" wegen des Abdrucks der Mohammed-Karikatur. Die Pressefreiheit erlaube nicht die Beleidigung religiöser Werte, sagte er. Aus diesem Grund hatte ein Gericht die zeitweise Blockade von vier Internetseiten angeordnet, die die Karikatur zeigten. (Reuters)