Eklat um Interview: Deutsche Welle widerspricht türkischem Minister

Ein nach Angaben der Deutschen Welle (DW) konfisziertes Interview mit dem türkischen Minister für Jugend und Sport hat zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen dem deutschen Auslandssender und dem Ministerium in Ankara geführt.

«Das Team der DW hat das Material keineswegs aus freien Stücken an die Vertreter des türkischen Ministeriums übergeben», erklärte ein Sprecher des Senders am Dienstagabend in Bonn. «Dies geschah vielmehr unter unmissverständlichem Druck.» Das Interview mit dem Minister hatte Michel Friedman am Montagabend für eine Sendung der Deutschen Welle geführt.

Sportminister Akif Cagatay Kilic will das Einziehen des Materials nicht als Beschlagnahmung verstanden wissen. Solche Berichte entsprächen nicht der Wahrheit, hatte der Minister am Dienstagabend getwittert. Man habe zunächst von der Deutschen Welle gefordert, das Interview nicht auszustrahlen. Anschließend habe man lediglich eine «Verfügungsgewalt» angewendet. Kilic bestritt damit nicht, dass die Aufnahmen im Besitz des Ministeriums sind.

Der Sprecher der Deutschen Welle teilte mit, die Behauptung, das Videomaterial sei nicht beschlagnahmt worden, sei «schlichtweg abenteuerlich». «Wenn das Videomaterial nicht unrechtmäßig konfisziert worden wäre, hätte die DW das Material noch und könnte die Sendung wie geplant ausstrahlen», teilte Christoph Jumpelt der Deutschen Presse-Agentur am Dientagabend mit.

«Eine Abnahme des Interviews stand vor und während der Aufzeichnung nie zur Debatte. Diese vermeintliche Verpflichtung ist eine freie Erfindung des türkischen Ministers für Jugend und Sport.»

DW-Intendant Peter Limbourg hatte den Vorfall als «neuen eklatanten Verstoß gegen die Pressefreiheit in der Türkei» kritisiert: «Was wir hier erleben, erfüllt den Tatbestand der Nötigung durch die türkische Führung. Das hat mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun.» Es könne nicht sein, dass ein Minister bereitwillig ein Interview gebe und dann dessen Ausstrahlung verhindern wolle, «weil ihm die Fragen nicht gepasst haben».

Die Deutsche Welle forderte die türkischen Behörden zur sofortigen Herausgabe des Videomaterials auf. Sie prüfe zudem mögliche rechtliche Schritte. Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die türkischen Behörden auf, das beschlagnahmte Material unverzüglich herauszugeben. «Das ist der schwerstmögliche Angriff auf die Pressefreiheit, wie wir ihn nur aus Diktaturen kennen», kritisierte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Das Auswärtige Amt müsse sich einschalten. (dpa)

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