Drohgebärde gegen Teheran: USA verlegen Flugzeugträger Richtung Iran

Die USA erhöhen den Druck auf die iranische Führung. Die Verlegung eines Flugzeugträgers und einer Bomberstaffel soll eine «unmissverständliche Botschaft» an Teheran aussenden.

Als militärische Warnung an den Iran verlegen die USA den Flugzeugträger «USS Abraham Lincoln» und eine Bomberstaffel in Richtung Iran. Das teilte der Nationale Sicherheitsberater der Vereinigten Staaten, John Bolton, am Sonntag (Ortszeit) mit. Den genauen Ort der Stationierung ließ er offen: Bolton sprach lediglich von einer Verlegung in die Region, für die das Streitkräftekommando Centcom zuständig ist - dieses Gebiet reicht von Syrien im Westen bis Pakistan im Osten. Genaue Details zu den Hintergründen nannte die US-Regierung zunächst nicht.

Der als außenpolitischer Hardliner bekannte Sicherheitsberater John Bolton begründete das Vorgehen mit «einer Reihe beunruhigender und eskalierender Anhaltspunkte und Warnzeichen», auf die man nun reagiere. Konkreter wurde er nicht. Die USA wollten eine «klare und unmissverständliche Botschaft an das iranische Regime senden, dass jedem Angriff auf die Interessen der Vereinigten Staaten oder auf die ihrer Verbündeten mit unerbittlicher Kraft begegnet wird».

Die USA wollten keinen Krieg mit dem Iran, hieß es weiter in Boltons Stellungnahme. «Aber wir sind vollständig vorbereitet, auf jeden Angriff zu antworten, ob er von Stellvertretern, den islamischen Revolutionsgarden oder den regulären iranischen Streitkräften vorgetragen wird.» Es ist ungewöhnlich, dass diese Art der Ankündigung von Sicherheitsberater Bolton kommt und nicht aus dem US-Verteidigungsministerium.

Der geschäftsführende Verteidigungsminister Patrick Shanahan sprach am Montag auf Twitter von einem umsichtigen Schritt angesichts von Hinweisen auf eine glaubhafte Bedrohung durch den Iran. Er rief die iranische Führung auf, Provokationen zu unterlassen. Man werde das Regime für jede Attacke auf US-Kräfte oder amerikanische Interessen zur Rechenschaft ziehen. Sein Sprecher Charles Summers teilte später mit, mit der Verlegung wolle man sicherstellen, dass man die Kräfte in der Region habe, die man brauche, um auf mögliche Szenarien reagieren zu können.

Der Flugzeugträger «USS Abraham Lincoln» war bereits vor etwa einem Monat zu einem regulären Einsatz Richtung Mittelmeer aufgebrochen. Details zum neuen Einsatzort, der Ankunft dort und zum weiteren Zeitplan wurden zunächst nicht bekannt. US-Außenminister Mike Pompeo sagte auf dem Weg zu einem Kurztrip nach Europa vor Journalisten, die Verlegung des Flugzeugträgers sei «etwas, an dem wir schon eine Weile gearbeitet haben». Zu der Frage, was genau der Grund sei und um welche «eskalierenden Anhaltspunkte» es sich handele, äußerte sich Pompeo ausdrücklich nicht.

Die iranische Führung gab sich davon unbeeindruckt. Der iranische Sicherheitsrat erklärte, der amerikanische Flugzeugträger sei bereits vor 21 Tagen routinemäßig ins Mittelmeer eingelaufen. Der Versuch Boltons, den Schritt als eine militärische Warnung an den Iran darzustellen, sei «dilettantisch», sagte ein Sprecher am Montag der Nachrichtenagentur IRNA. Bolton wolle sich nur aufspielen. Außerdem hätten die US-Truppen «sicherlich kein Interesse, die Fähigkeiten der iranischen Streitkräfte kennenzulernen».

Die US-Regierung fährt seit längerem einen Kurs der Härte gegenüber der Führung in Teheran. Die USA hatten sich im vergangenen Jahr im Alleingang aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückgezogen. US-Präsident Donald Trump hatte diesen Schritt fast auf den Tag genau vor einem Jahr angekündigt. Mit dem Ausstieg der Amerikaner ging einher, dass ausgesetzte Sanktionen seither schrittweise wieder in Kraft traten. Die USA wollen den Iran so zwingen, das Atomabkommen neu zu verhandeln. Es sollte verhindern, dass der Iran Atomwaffen erlangt.

Derzeit steht der Iran unter den schärfsten Sanktionen seiner Geschichte. Diese zielen in erster Linie auf die iranische Ölindustrie ab, die größte Einnahmequelle des Landes. Letzte Ausnahmen für Ölimporte aus dem Iran für die größten Bezieher wie China und Indien wurden vor wenigen Tagen aufgehoben.

Der Informationsdienst Axios berichtete, die US-Regierung wolle noch in dieser Woche weitere Sanktionen gegen den Iran verhängen, diesmal gegen einen anderen Wirtschaftsbereich jenseits des Energiesektors. Zuletzt hatte die US-Regierung in einem beispiellosen Schritt auch die iranischen Revolutionsgarden offiziell als ausländische Terrororganisation eingestuft.

Experten befürchten, dass der Iran seinerseits aus dem Atomabkommen austreten oder die Straße von Hormus als wichtigsten Öllieferweg der Welt abriegeln könnte. Dann könnten auch Öltanker anderer Golfstaaten nicht mehr operieren. In einem solchen Fall würde die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung drastisch steigen.

Nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran plant jetzt Teheran nach Medienberichten eine «Teilkündigung» des Wiener Atomabkommens von 2015. Präsident Hassan Rohani soll dies am Mittwochabend Ortszeit in einem Live-Interview mit dem Staatssender IRIB bekanntgeben, berichteten am Montag die mit dem Thema vertrauten Nachrichtenagenturen Isna und Tasnim. Das Datum sei bewusst gewählt worden, weil es genau ein Jahr nach dem Ausstieg der USA aus dem Deal sei.

Die «Teilkündigung» betreffe zwei Teile des Atomvertrags, so die beiden Agenturen, die aber keine Details nannten. Das Präsidialamt hat die Berichte noch nicht bestätigt. Von einer «Teilkündigung» des Atomdeals wird in Teheran schon lange gesprochen, aber wie das genau aussehen soll, ist unklar. Rohani soll dies nun in dem Interview erläutern. 

In dem Wiener Abkommen mit den fünf UN-Vetomächten sowie Deutschland hatte sich der Iran dazu verpflichtet, seine Atomprojekte drastisch einzuschränken und Inspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu erlauben. Im Gegenzug wurden die internationalen Wirtschaftssanktionen gegen das Land aufgehoben. Die USA sind aber im Vorjahr einseitig aus dem Deal ausgestiegen.

Zudem haben sie neue und härtere Sanktionen gegen Teheran verhängt, die im Land zu einer akute Wirtschaftskrise führten. Seitdem droht der Iran seinerseits mit einem Ausstieg aus dem Abkommen und einer erneut unbegrenzten Urananreicherung.

Am Dienstag ist in Brüssel ein Treffen zwischen den Vertretern des Irans und der sogenannten 4+1 Gruppe - China, Frankreich, Russland,  Großbritannien sowie Deutschland - angesetzt. Auf der Agenda steht die Arbeit der Zweckgesellschaft INSTEX, mit der die 4+1 Gruppe die US-Wirtschaftssanktionen aushebeln und den Handel mit dem Iran weiterhin ermöglichen soll.

Nach Einschätzung von Beobachtern in Teheran könnte das Ergebnis des Treffens darüber entscheiden, wie oder ob überhaupt der Iran weiterhin im Atomdeal bleiben wolle. (dpa)