Donald Trumps Nahost-Politik und die Evangelikalen

Mit seiner kontroversen Israel-Politik bedient US-Donald Trump einige seiner treuesten Anhänger: die Evangelikalen. Sie haben eine ganz besondere Beziehung zu dem Land.

Robert Bowman ist noch heute tief beeindruckt von seinem Israel-Besuch vor zwei Jahren. "Wir sahen die Orte, an denen er ausgepeitscht wurde", berichtet der evangelikale Christ im öffentlichen Radiosender NPR. Er habe die Folter-Verliese unter den Stadtmauern Jerusalems gesehen, in denen Jesus der Überlieferung nach Qualen erleiden musste. "Wir hatten Tränen in den Augen."

So wie dem tiefgläubigen Mann aus Kalifornien ergeht es einer wachsenden Zahl an Evangelikalen, die ins Heilige Land pilgern. Durchaus zur Freude der israelischen Tourismusbranche, die dank der frommen Reisenden zehn Prozent mehr Besucher aus den USA registriert.

Der tiefere Grund für die Israel-Begeisterung hat mit der neutestamentlichen Offenbarung des Johannes zu tun, die konservative Evangelikale wörtlich verstehen. Sie erwarten dort die Wiederkunft des Herrn. Deshalb sind sie so sehr an dem Geschehen im Heiligen Land interessiert und vermengen ihren persönlichen Glauben mit Politik. Konkret mündet das in großer Zustimmung für den Kurs von Premier Benjamin Netanjahu.

Die Zahl der US-Evangelikalen, die Israel nahezu bedingungslos unterstützen, wird auf rund sieben Millionen geschätzt. Sie gelten als eine der wichtigsten und verlässlichsten Wählergruppen Donald Trumps. Dies erklärt die Nahost-Politik des US-Präsidenten, die dem Wunschzettel der politischen Rechten in Israel beinahe Punkt für Punkt entspricht.

Im März erkannte die US-Regierung die Souveränität Israels über die im Sechstagekrieg 1967 von Syrien eroberten Golanhöhen an. Schon im Dezember 2017 hatte der US-Präsident entgegen allen internationalen Warnungen Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt. Dem folgten zuletzt Mitte November die unterstützenden Worte Washingtons für jüdische Siedlungen im Westjordanland - was im Vatikan auf Kritik stieß.

Trumps Kurs markiert eine Abkehr von der Rolle der USA als "ehrlicher Makler" im Nahen Osten. Ein Argument, das für die Mehrzahl der US-Evangelikalen unerheblich ist. Laut der Organisation LifeWay Research, die den einflussreichen Verband Southern Baptist Convention berät, betrachten 80 Prozent der US-Evangelikalen die Gründung Israels von 1948 als Erfüllung der biblischen Prophezeiung und Voraussetzung für die Wiederkunft Jesus.

Neben US-Vizepräsident Mike Pence macht sich in Trumps Regierung niemand mehr für die Israel-freundliche Politik des Präsidenten stark als Mike Pompeo, der Außenminister. Die "frommen Mikes", wie Pence und Pompeo wegen ihrer Haltung genannt werden, drängen auch aus religiösen Gründen auf einen harten Kurs gegen Iran.

"Ich bin davon überzeugt, dass der Herr hier am Werk ist", antwortete Pompeo im März, als ein Reporter der "New York Times" ihn in Jerusalem fragte, ob Trump der Retter Israels vor der iranischen Bedrohung sei. Pompeo stand da noch ganz unter dem Eindruck eines Rundgangs durch die Jerusalemer Grabeskirche.

Während der Rückhalt für Netanjahu unter den US-Juden abnimmt, wächst die Israel-Begeisterung unter den US-Evangelikalen. Laut einer aktuellen Pew-Umfrage aus diesem Jahr sind 42 Prozent der jüdischen US-Bürger der Auffassung, dass Israel von Washington "zu sehr bevorzugt" werde. Bei den Evangelikalen sehen das nur 15 Prozent so.

Es überwiegt eine unkritische Begeisterung für das Heilige Land. So wie bei Sharon Litton, die nach Israel reiste, um sich im Jordan taufen zu lassen. "Ich musste das einfach machen", berichtete die Evangelikale aus Louisiana. "Sich taufen lassen im gleichen Wasser wie Jesus - es war einfach unglaublich." (KNA)