«Die Königin der Zahlen ist tot» - Trauer um Irans Mathe-Genie Maryam Mirzakhani

Als die Iranerin Maryam Mirzakhani 2014 als erste und bisher einzige Frau für ihre Beiträge zur Mathematik die renommierte Fields-Medaille bekam, litt sie bereits an Knochenmarkkrebs. Nun ist sie im Alter von 40 Jahren an der Krankheit gestorben, wie ein Freund und die Stanford University am letzten Samstag mitteilten. Irans Staatschef Hassan Rohani reagierte bestürzt auf den Tod Mirzakhanis, die eine dreijährige Tochter zurücklässt.

"Ein Licht ist heute erloschen", schrieb Mirzakhanis Freund Firouz Naderi am Samstag im Onlinedienst Instagram. "Es bricht mir das Herz... so früh so weit fortgegangen." Naderi hob hervor, dass Mirzakhanis früher Tod nicht nur ein Verlust für die Wissenschaft, sondern auch eine Tragödie für ihre Familie sei. "Ein Genie? Ja. Aber auch eine Tochter, Mutter und Ehefrau", schrieb er.

Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Mehr war Mirzakhani bereits vor vier Jahren an Knochenmarkkrebs erkrankt und starb nun in einem US-Krankenhaus. Vor drei Jahren erhielt die Geometrie-Expertin als erste Frau die Fields-Medaille - die Auszeichnung, die alle vier Jahre an Wissenschaftler unter 40 Jahren verliehen wird, gilt als Mathematik-Pendant zum Nobelpreis.

Mirzakhani wurde 1977 in Teheran geboren. Zunächst hatte sie Schriftstellerin werden wollen, aber schon als Schülerin erkannte sie ihr mathematisches Talent. Als Jugendliche gewann sie 1994 und 1995 Goldmedaillen bei internationalen Mathematik-Olympiaden.

"Es macht Spaß - es ist wie das Lösen eines Puzzles oder das Zusammensetzen eines Mosaiks in einem Detektiv-Fall", erklärte die Iranerin ihre Leidenschaft für Mathematik, als sie die Fields-Medaille bekam. Mathematische Aufgabenstellungen verglich sie mit einem "Dschungel", aus dem man mit all seinem Wissen und "ein bisschen Glück" einen Weg hinaus finden könne.

Mirzakhani studierte Mathematik an der iranischen Sharif-Universität und machte ihren Doktor an der US-Eliteuniversität Harvard. Danach lehrte sie zunächst an der Princeton University.

Seit 2008 war sie Professorin in Stanford, wo sie mit ihrem Mann, dem Stanford-Mathematiker Jan Vondrak, und ihrer dreijährigen Tochter Anahita lebte. 2009 bekam Mirzakhani für ihre Forschungsleistungen den Blumenthal-Award und 2013 den Satter-Preis der Amerikanischen Mathematischen Gesellschaft.

Die meisten iranischen Zeitungen würdigten Mirzakhani am Sonntag mit Fotos auf der Titelseite, die sie vielfach entgegen der in der Islamischen Republik geltenden Regeln ohne Kopftuch zeigten. Auch Irans Staatschef Rohani veröffentlichte bei Instagram ein Foto der unverschleierten Mirzakhani und erklärte, ihr Tod habe in seinem Land "große Trauer" ausgelöst.

Rohani lobte die "beispiellose Brillanz dieser kreativen Wissenschaftlerin und dieses bescheidenen Menschen, der Irans Namen in den Wissenschaftsforen der Welt zum Klingen brachte". Außerdem sei Mirzakhani ein Beispiel für den "großen Willen" iranischer Frauen und Mädchen zum Erfolg auf internationaler Bühne gewesen.

Mirzakhanis Einfluss werde "für die tausenden Frauen weiter bestehen, die sie zum Betreiben von Mathematik und Wissenschaft inspiriert hat", erklärte der Hochschulpräsident von Stanford, Marc Tessier-Lavigne. Er beschrieb sie als "bescheidene Person, die Ehrungen nur in der Hoffnung akzeptiert hat, dass es andere ermutigen könnte, ihrem Weg zu folgen".

Die Universitätspublikation "Stanford News" erinnerte daran, dass Mirzakhani bei der Arbeit gern auf riesigen weißen Blättern herumgekritzelt habe. "Ihre kleine Tochter hat die Arbeit ihrer Mutter als 'Malen' beschrieben", hieß es. (AFP)