Deutschland und Tunesien starten Pilotprojekt für Abschiebungen

Zum Abschluss seiner Maghreb-Reise hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auch in Tunesien eine beschleunigte Abschiebung abgelehnter Asylbewerber vereinbart. In einem Pilotprojekt sollen zunächst 20 Tunesier in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden, wie de Maizière am Dienstag in Tunis nach einem Treffen mit dem tunesischen Regierungschef Habib Essid sagte. Dabei solle zunächst eine "effektive Rückführung erprobt" werden.

De Maizière hatte seit Sonntag die drei Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien bereist, um über vereinfachte Abschiebungen von Flüchtlingen aus diesen Ländern zu verhandeln. Ähnliche Zusagen wie in Tunesien hatte er bereits von Marokko und Algerien erhalten.

Die mit der marokkanischen Regierung getroffene Vereinbarung geht am weitesten: Die Regierung in Rabat will künftig innerhalb von 45 Tagen antworten, wenn die deutschen Behörden Fingerabdrücke zur Feststellung der Identität von ausreisepflichtigen Flüchtlingen übermitteln. Mehrere tausend Asylbewerber aus den drei Maghreb-Staaten waren 2015 nach Deutschland gekommen, sie haben so gut wie keine Aussicht auf ein Bleiberecht.

In Tunesien erreichte de Maizière zunächst einmal die Zusage für das Pilotprojekt. Im Anschluss solle dann eine Vereinbarung geschlossen werden über "eine regelmäßige Rückführung der Tunesier, die in Deutschland ausreisepflichtig sind", sagte der Bundesinnenminister.

Bis zu 25 Tunesier pro Flug sollen dann in eigens bereitgestellten Chartermaschinen zurückgebracht werden. Deutschland stellt demnach die begleitenden Polizisten und übernimmt die Kosten. Die meisten Tunesier sind in Sachsen und Baden-Württemberg untergebracht. Tunesische Botschaftsmitarbeiter sollen künftig bereits in den Unterkünften helfen, die Identität ihrer Landsleute zu klären.

"All das ist ein sehr konstruktiver Zugang und ich bin sehr dankbar für dieses Gesprächsergebnis", erklärte de Maizière einen Tag, nachdem auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) Tunis besucht hatte. Regierungschef Essid sagte, die Besuche aus Berlin unterstrichen die große Bedeutung der bilateralen Zusammenarbeit. Er äußerte die Erwartung, dass die Gespräche "frischen Wind" in die deutsch-tunesischen Beziehungen bringen.

Über die Abschiebungen hinaus wollen Deutschland und Tunesien ihre Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen vertiefen. Das betreffe die Ausbildung tunesischer Sicherheitsbehörden etwa bei der Grenzsicherung insbesondere zum instabilen Nachbarland Libyen, den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus und die "weitere konstruktive Arbeit daran, dass wir guten Gewissens auch deutschen Touristen empfehlen können, Urlaub in Tunesien zu machen", sagte de Maizière.

Im März 2015 waren bei einem Anschlag auf das Nationalmuseum in der Hauptstadt Tunis 20 Touristen und ein Polizist getötet worden. Ende Juni tötete ein Angreifer vor einem Strandhotel des Küstenorts Port El Kantaoui bei Sousse 38 ausländische Touristen, darunter zwei Deutsche.

De Maizière übergab bei einem Besuch im Hauptquartier der Nationalgarde unter anderem 27 Geländewagen, Splitterschutzwesten und Nachtsichtgeräte im Rahmen einer Ausstattungshilfe des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei. Das Material hat einen Wert von rund 1,7 Millionen Euro. Nach dem Arabischen Frühling vor fünf Jahren befinden sich das Land und seine Verwaltung noch immer im Wiederaufbau. (AFP)