Deutsches Engagement für einen Friedensprozess in Libyen

In Libyen ringen Milizen um Macht und Kontrolle über die größten Erdölreserven Afrikas. Internationale Akteure mit Interessen in dem arabischen Land mischen mit. Der Berliner Dialogprozess soll sie dazu bringen, das Waffenembargo zu respektieren. Von Mey Dudin

Seit Jahren bemühen sich die Vereinten Nationen um einen Friedensprozess in Libyen. Das Land ist acht Jahre nach dem Tod von Machthaber Muammar al-Gaddafi ein Tummelplatz rivalisierender Milizen. Immer neue Gewalt und die Einmischung ausländischer Akteure haben bisher jeden Versuch, den Konflikt dauerhaft beizulegen, scheitern lassen. Nun will die Bundesregierung dem UN-Sondergesandten Ghassan Salamé den Rücken stärken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lädt für Sonntag zu einer Konferenz nach Berlin ein.

Warum setzt sich Deutschland so stark für einen Versöhnungsprozess in Libyen ein?

Deutschland und die EU wollen die Zahl der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer deutlich reduzieren. Bei diesen Bemühungen spielt Libyen eine Schlüsselrolle: Hunderttausende Afrikaner, die nach Europa wollen, ziehen durch das Land. Allerdings gibt es in Libyen keine verlässlichen Partner für Berlin und Brüssel. Die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch hat nur wenig Macht und benötigt Hilfe von Milizen, während Rebellengeneral Khalifa Haftar immer wieder neue militärische Offensiven startete.

Terrorgruppen nutzen die Situation und stellen auch für Europa eine Bedrohung dar. Das nordafrikanische Land verfügt zudem über die größten Erdölreserven des Kontinents. Außenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich indes am Donnerstag nach einem Treffen mit Haftar in Libyen zuversichtlich, dass der abtrünnige General zu einer Waffenruhe bereit sei.

Wie viele Flüchtlinge und Migranten halten sich derzeit in Libyen auf?

Trotz massiver Gefahr für Leib und Leben ist Libyen nach wie vor ein wichtiges Transit- und Zielland für Migranten. Unter Gaddafi hatten viele dort Arbeit gefunden. Nach Schätzungen internationaler Organisationen halten sich nach wie vor zwischen 700.000 und einer Million Migranten in dem Bürgerkriegsland auf. Die meisten stammen aus Ägypten, dem Niger, Sudan, Nigeria, Bangladesch, Syrien und Mali. Als Flüchtlinge sind in Libyen rund 43.000 Menschen registriert.

Wie ist ihre Situation?

Seit Jahren drohen Flüchtlingen und Migranten in dem Krisenland durch die unzähligen Milizen willkürliche Festnahmen, Zwangsarbeit, Folter, Entführungen und Vergewaltigungen. Menschenrechtsgruppen und Diplomaten fanden verheerende Zustände selbst in «offiziellen» Auffanglagern, zu denen sie Zugang haben. Die gefährliche Überfahrt nach Europa wird von den Betroffenen daher als die sicherere Option betrachtet. Die von der EU unterstützte, umstrittene libysche Küstenwache bringt aber jene, die sie im Mittelmeer aufgreift, in das Land zurück. In den ersten zwei Wochen im Januar waren es fast 1.000.

Was ist das Ziel der Berliner Libyen-Konferenz?

Die Bundesregierung will einen Dialog zwischen den ausländischen Akteuren erreichen, die im Libyen-Konflikt mitmischen. Ziel ist es, die Länder dazu zu bringen, sich künftig zurückzuhalten und das Waffenembargo zu respektieren. Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen fest an der Seite von Haftar. Dagegen schickt die Türkei der Sarradsch-Regierung in Tripolis Truppen zur Unterstützung.

Die EU und die USA unterstützen indes offiziell Al-Sarradsch. Russland, das jüngst versucht hat, eine Waffenruhe zu vermitteln, hat in der Vergangenheit Haftar geholfen. Algerien tritt schon seit Jahren als Vermittler auf, hat selbst eine lange gemeinsame Grenze mit Libyen. (epd)