Deutscher Jesuit Magnis-Suseno warnt vor "islamischem Populismus" in Indonesien"

Die jüngste Verurteilung des christlichen Gouverneurs von Jakarta wegen "Blasphemie" sorgt für Unruhe in Indonesien. Der deutsche Jesuit Magnis-Suseno warnt vor dem Treiben radikaler Islamisten mit Blick auf die Präsidentenwahl 2019.

Nach dem Ende des Suharto-Regimes 1998 hat sich Indonesien ein demokratisches System gegeben. Obwohl die Republik mit ihren 256 Millionen Einwohnern, davon mehr als 200 Millionen Koran-Gläubige, das Land mit dem weltweit höchsten muslimischen Bevölkerungsanteil, ist der Islam nicht Staatsreligion. Während der noch relativ jungen Demokratie im größten Inselstaat hat sich der dortige Islam - trotz ethnisch-religiöser Konflikte - den Ruf erworben, vergleichsweise moderat zu sein. 

Islamische Hardliner treten indes immer offener für eine Überwindung dieser Situation ein. So forderte die neue salafistische Bewegung Hizbut Tahir Indonesia (HTI) jüngst die Umwandlung des Landes in ein Kalifat, in dem der Koran und die Scharia die Grundlagen für die Gesetzgebung sein sollten. Dem erteilte der Rat der Islamgelehrten, das höchste Gremium, eine Absage und bekannte sich zum System einer säkularen Republik als Säule der Nation, über die Konsens bestehe.

Der seit 1961 im Land lebende Franz Magnis-Suseno SJ erkennt seit längerem das Erstarken eines "islamischen Populismus" in Indonesien. Ziel radikaler Kräfte im größten Inselstaat sei es, den seit Oktober 2014 amtierenden Staats- und Regierungschef Joko Widodo (55) von der Demokratischen Partei des Kampfes Indonesiens (PDI-P) bei der Präsidentenwahl 2019 abzulösen. Profitieren von diesen Bestrebungen, so der aus Deutschland stammende Jesuit im Gespräch mit dem Missionsnachrichtendienst "Fides", könnte Ex-General Prabowo Subianto (65) von der "Bewegung Großes Indonesien", der Verlierer der Wahl 2014. Prabowos Lager nutze jedenfalls die konservativen Islam-Bewegungen, um Widodo als einen "Christen mit chinesischen Wurzeln" zu diskreditieren. 

Das jüngste Urteil eines Gerichts in Jakarta gegen den scheidenden Gouverneur der Hauptstadt, den Christen Basuki Tjahaja Purnama (50), bezeichnete Magnis-Suseno als "ungerecht"; die Richter hätten unter dem Druck von Islamisten entschieden. Das Gericht verurteilte Purnama in dem Mitte Dezember 2016 begonnenen Prozess am 9. Mai wegen Blasphemie im Sinne des Strafrechtsartikels 156a zu zwei Jahren Haft, obwohl die Staatsanwaltschaft nur eine Bewährungsstrafe gefordert hatte. Er war vom Gründungsvorsitzenden der salafistischen Islamischen Verteidigungsfront (FPI), Muhammed Zizoeq Shibab, angezeigt worden, nachdem er diesem vorgeworfen hatte, Muslime mit Koran-Zitaten an der Wahl eines Christen hindern zu wollen. Purnamas Anhänger waren schockiert, während islamistische Gruppen den harten Richterspruch bejubelten. 

Über ein Urteil unter Druck beklagte sich Pfarrer Jeorry Sumampow, der Sprecher der Vereinigung der protestantischen Kirchen. Den Einfluss radikaler Kräfte und eine Schwächung der Rechtsprechung monierte auch P. Augustinus Ulahayanan, der Sekretär der Kommission für den interreligiösen Dialog der Indonesischen Bischofskonferenz. In den zurückliegenden Monaten habe es vermehrt Beispiele der Instrumentalisierung des islamischen Glaubens für politische Zwecke gegeben. Wie Magnis-Suseno fürchtet auch er, dass sich dies mit Blick auf kommende Wahlen verstärken könnte. 

Radikale Kräfte, so erklärte Magnis-Suseno, träten mit dem Anspruch auf, im Namen des gesamten Islam zu handeln, wenn sie diesen als nationales Identitätsmerkmal herausstellten und eine größere Rolle des Islam auch in der politischen Szene forderten. Sie fänden damit wachsende Zustimmung in der jüngeren Generation. Ihre Ansichten breiteten sich zunehmend auch in den beiden größten islamischen Organisationen im Land, der Nahdatul Ulama und der Muhammadiyah, aus. Mit Sorge beobachtet der Jesuit in Politik und Gesellschaft eine "Koalition des Schweigens" gegen die Unterminierung des säkularen Systems, die auch dazu führen könnte, dass die Militärs, von denen viele die Demokratie ablehnten, wieder die Macht übernähmen. 

Probleme befürchtet Magnis-Suseno auch für die etwa zehnprozentige Minderheit der Christen. Noch bekundeten diese, gemeinsam mit anderen religiösen Minoritäten, Protest gegen die Verurteilung von Purnama. Ihre Botschaft: Bei den nächsten Wahlen dürfe Indonesien nicht in die Hände von Fanatikern und Extremisten fallen. (KNA)

Mehr zum Fall des christlichen Gouverneurs von Jakarta finden Sie hier …