Deutsche Politiker für Beteiligung der Bundeswehr an möglichem Syrien-Einsatz

Deutsche Politiker verschiedener Parteien haben sich für eine Beteiligung der Bundeswehr an einem möglichen internationalen Militäreinsatz in Syrien ausgesprochen. "Deutschland sollte erwägen, sich unter bestimmten Bedingungen mit seinen Verbündeten USA, Frankreich und Großbritannien an einem Militäreinsatz in Syrien zu beteiligen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Dienstag. Auch Außen- und Verteidigungsexperten von CSU, FDP und Grünen zeigten sich dafür offen.

Wenn es darum gehe, "einen neuen schrecklichen Giftgasangriff mit massenhafter Wirkung auf die Zivilbevölkerung zu verhindern, sollte sich Deutschland dem nicht verschließen", sagte Röttgen. Manchmal liege "auch in der Vergeltung eines Giftgasangriffes eine Abschreckung für weitere Einsätze von Chemiewaffen". Die Bundeswehr solle prinzipiell bereit sein, "sich an Aufklärungsflügen, Schadensanalysen nach Kampfeinsätzen und an Kampfeinsätzen zu beteiligen".

Die völkerrechtliche Rechtfertigung für einen Militäreinsatz sei seines Erachtens gegeben, "wenn sich die syrische Staatsgewalt durch den Einsatz von international geächteten Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung wendet und wenn die Aktion streng auf das Vergehen bezogen und damit begrenzt" sei. Die internationale Gemeinschaft habe dann die Verantwortung zum Schutz der syrischen Zivilbevölkerung.

Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), sprach sich für eine Prüfung einer deutschen Beteiligung an einem Militäreinsatz aus. "Wenn es auch in Idlib zu einem Einsatz von Giftgas käme, müsste Deutschland Bitten unserer Freunde um Unterstützung sehr ernsthaft prüfen, insbesondere wenn unsere Fähigkeiten angefragt werden", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Die Internationale Gemeinschaft dürfe den eklatanten Bruch des Völkerrechts und von UN-Resolutionen in Syrien nicht einfach hinnehmen, sagte Hardt. Internationales Recht und insbesondere Resolutionen des UN-Sicherheitsrates müssten durchgesetzt werden. "Auf dem Schlachtfeld Syrien droht eine neuerliche humanitäre Katastrophe", warnte er.

Auch der CSU-Verteidigungsexperte Christian Schmidt sagte, Deutschland müsse bereit sein, "sich an internationalen - auch militärischen - Aktionen zu beteiligen, die ein Blutbad in der nordsyrischen Region Idlib verhindern werden". Wenn die erwartete Großoffensive der Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und deren Unterstützer nicht verhindert werde, verlören "Europa und der Westen die Legitimation zum Träumen von einer besseren Welt", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Der außenpolitische Sprecher der FDP, Bijan Djir-Sarai, sagte der "Bild": "Wenn Giftgas zum Einsatz kommt, darf die internationale Gemeinschaft nicht tatenlos zusehen, Reaktionen müssen folgen." Der FDP sei es wichtig, dass der Bundestag befragt werde, "bevor die Bundeswehr als Parlamentsarmee in einen möglichen Einsatz geschickt wird".

Auch die Grünen-Außenexpertin Franziska Brantner schloss einen Bundeswehreinsatz in Syrien in der "Bild"-Zeitung nicht generell aus. "Für die über drei Millionen Menschen in Idlib gibt es keinen Rückzugsort mehr", sagte Brantner. Die "letzten sieben Horror-Jahre" seien "auch dem Versagen des demokratischen Westens geschuldet", keine Antwort auf die Allianz Russlands und des Iran mit Assad gefunden zu haben. "Das Ziel muss sein, die Menschen in Idlib zu schützen. Daraufhin müssen alle Optionen überprüft werden", sagte die Grünen-Politikerin.

Die Bundesregierung hatte die Frage am Montag offen gelassen, ob es zu einem Bundeswehreinsatz in Syrien kommen könnte. Derzeit beteiligt sich die Bundeswehr mit in Jordanien stationierten Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen der Luftwaffe am internationalen Einsatz gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien und im Irak. Die "Bild"-Zeitung hatte zuvor berichtet, im Verteidigungsministerium seien kürzlich weitergehende Militäroptionen für Syrien diskutiert worden.

Derzeit wird mit einer Bodenoffensive der syrischen Truppen auf die Provinz Idlib gerechnet. Idlib ist die letzte verbliebene Rebellenbastion in dem Bürgerkriegsland. (AFP)