Christenverfolgung - Bericht nennt alarmierende Fakten

In einigen Weltregionen nimmt die Gewalt gegen Christen "beinahe das Ausmaß eines Völkermords" an: Das geht aus einem Bericht hervor, den das britische Außenministerium unter Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen - darunter auch das päpstliche Hilfswerk "Kirche in Not" - veröffentlicht hat.

"Christenverfolgung ist ein globales Phänomen", schreibt der anglikanische Bischof Philip Mountstephen in der Einleitung zu dem Bericht und verweist auf Zahlen, wonach Christen die weltweit am meisten angegriffene Religionsgemeinschaft sind. Dennoch würden westliche Regierungen ihre Augen vor dieser Realität verschließen.

Der nun vorliegende Bericht gleiche ein erhebliches Defizit in der Berichterstattung aus, auch wenn Verletzungen der Religionsfreiheit bei anderen religiösen Gruppen nicht ausgeklammert werden dürften, hob der Bischof hervor. Die vorliegenden Ergebnisse und Handlungsempfehlungen sollten ein Aufruf an Politiker und Öffentlichkeit sein, "nicht länger Zuschauer zu sein, sondern Akteure zu werden".

Ausdrücklich verwehrt sich Mountstephen gegen die Kritik, ein solcher auf Christenverfolgung fokussierter Bericht gebe der islamfeindlichen Rechten "einen Stock in die Hand, um den Islam zu schlagen". Christenverfolgung sei keineswegs auf mehrheitlich islamische Länder beschränkt, betont der Bischof.

Im ersten Teil des 176-seitigen Dokuments werden globale Entwicklungen bei der Christenverfolgung dokumentiert. "Kirche in Not" lieferte dazu Hintergrundinformationen zur Lage in Afrika, Südasien und im Nahen Osten. In den weiteren Teilen geht der Bericht detailliert auf aktuelle Übergriffe gegen Christen ein - zum Beispiel im Irak, in Syrien, Nigeria, China, Sri Lanka und Pakistan - und formuliert 22 Empfehlungen an das britische Außenministerium. Religionsfreiheit und Maßnahmen als Reaktion auf Gewalt gegen Christen sollten demnach "im Mittelpunkt der Prioritäten des britischen Außenministeriums" stehen. Der Bericht wolle dazu beitragen, Großbritannien "zur weltweit führenden Kraft bei der Verteidigung der Religionsfreiheit" zu machen.

Der Direktor des britischen Zweigs von "Kirche in Not", Neville Kyrke-Smith, bezeichnete es als "Ansporn für unsere Arbeit, dass diese Themen endlich auf hoher politischer Ebene Beachtung finden". Es sei an der Zeit, dass die Schwierigkeiten, denen sich Christen und andere religiöse Minderheiten tagtäglich ausgesetzt sähen, erkannt und benannt würden. Und es bleibe zu hoffen, dass die britische Regierung die Empfehlungen des Berichts umsetzt, auch als Impuls für den weltweiten Schutz der Religionsfreiheit, so Kyrke-Smith. "Es ist dringend notwendig, die christliche Präsenz in zahlreichen Ländern zu unterstützen, da die Christen trotz Verfolgung oft Brückenbauer und Instrumente des Friedens sind."

Als alarmierend bezeichnete auch der Vatikan die in England vorgelegten Zahlen und Fakten. Der Bericht lege nahe, dass Christenverfolgung in einigen Teilen der Welt ein Niveau erreicht habe, das man mit dem Begriff Völkermord bezeichnen könne. In diesen Regionen würden Christen systematisch aus Gesellschaft und Kultur ausgeschlossen, betonte Antoine Camilleri, Untersekretär der für die vatikanischen Auslandsbeziehungen zuständigen Abteilung, bei der Vorstellung des Berichts in Rom.

Zugleich sprach sich Camilleri dafür aus, den Blick zu weiten. "Die verstörende Realität religiöser Verfolgung beunruhigt den Heiligen Stuhl zutiefst, aber nicht nur mit Blick auf die leidenden Christen, sondern auch was Mitglieder jeder anderen Glaubensgemeinschaft betrifft." Religiöse Führer hätten die Pflicht, sich für eine friedliche Koexistenz verschiedener Religionen einzusetzen, betonte der Vatikanvertreter.

Dass Religionen weltweit zunehmend von Einschränkungen betroffen sind, zeigte zuletzt auch eine Studie des US-amerikanischen Pew Research Center. Schikanen durch Regierungen hätten in "vielen Bereichen merklich" zugenommen, nicht nur in autoritär regierten Ländern, sondern auch in vielen europäischen Demokratien, heißt es dort.

Der Nahe Osten und Nordafrika seien besondere Krisenregionen in Bezug auf Religionsfreiheit, gefolgt vom asiatisch-pazifischen Raum. Der höchste Anstieg in den vergangenen Jahren sei jedoch in Europa zu verzeichnen: Hier stieg die Zahl der betroffenen Länder von 5 auf 20, geht aus der Pew-Studie hervor. Grund dafür seien zum Beispiel Bekleidungsvorschriften wie etwa das österreichische und deutsche Verschleierungsverbot für Angestellte im öffentlichen Dienst oder Voten gegen den Bau neuer Minarette wie zuletzt in der Schweiz. (KNA)