Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble: Muslime und Islam sind Teil Deutschlands

Ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, darüber lässt sich in der Politik trefflich streiten. Der frühere Innenminister Schäuble hat da eine klare Haltung - und zwar eine andere als sein Nachfolger Seehofer.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat bekräftigt, dass der Islam aus seiner Sicht zu Deutschland gehört. «Muslime und mit ihnen der Islam sind ein Teil Deutschlands», sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend in Berlin. «Sie sind Teil unserer Gesellschaft.» Schäuble erinnerte daran, dass er dies bereits gesagt habe, als er als Innenminister 2006 die Deutsche Islamkonferenz ins Leben gerufen habe. «Ich habe übrigens davon, im Gegensatz zu manchen Vermutungen, gar nichts zurückzunehmen.» Es handele sich um eine «im Grunde nicht zu bestreitende Tatsache».

Der aktuelle Innenminister, Horst Seehofer (CSU) hatte im vergangenen Jahr gesagt: «Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt.» Damit trat er eine Debatte um die Rolle des Islam los.

Schäuble, der zur Vorstellung eines Sammelbandes seines Parteikollegen Carsten Linnemann zum Thema politischer Islam sprach, betonte: «Integration jedenfalls fordert uns alle, sie ist eine Zweibahnstraße.» Sie brauche die grundsätzliche Offenheit und das Engagement der Mehrheitsgesellschaft, aber auch die Bereitschaft von Neuankömmlingen, etwa die Sprache zu lernen und die freiheitliche Grundordnung anzuerkennen. «Muslime müssen sich klar machen, dass sie in einem Land leben, das von christlichen Traditionen und den Freiheitswerten der Aufklärung geprägt ist.»

Zugleich warnte Schäuble vor wachsenden Vorbehalten gegenüber dem Islam als einer vermeintlich rückständigen und frauenfeindlichen Religion. «Ein Zerrbild, aber ein Zerrbild kann sich zum Feindbild verfestigen.» Daran könne niemand, auch die Muslime, ein Interesse haben.

Auch Deutschland sei nicht immer so offen wie heute gewesen und gesellschaftlicher Wandel brauche Zeit, betonte Schäuble. «Nicht alle Werte und Normen, die wir heute zu Recht von den zu uns Kommenden fordern, gehören seit 70 Jahren zur unbestrittenen deutschen Leitkultur. Gelebte Homosexualität war mal ein Straftatbestand. Und erst in den 70er Jahren wurden Frauen ihren Ehemännern rechtlich gleichgestellt.»

Zugleich gelte es Grenzen zu setzen gegenüber Ausprägungen des Islams, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht respektierten und sie bekämpfen wollten. Das gelte auch für «Moschee- und Dachverbände, die politischer Einflussnahme ausländischer Staaten unterstehen», sagte Schäuble. «Die Politik muss den Mut haben, diese Grenzen aufzuzeigen» - zur Not auch juristisch.

Gemeinden, die finanzielle Unterstützung aus den arabischen Golfmonarchien oder aus der Türkei erhalten, sehen sich zunehmend dem Vorwurf ausgesetzt, sie vermittelten politisch fragwürdige Werte und beförderten die Entstehung von Parallelgesellschaften. Vor allem der türkisch-islamische Moscheeverband Ditib gerät immer stärker in die Defensive und kündigte im Januar einen Neustart an.

Unter dem Strich zeigte sich Schäuble optimistisch: «Ich finde, wir, also Muslime und Nicht-Muslime, dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Aber wir dürfen auch mit guten Gründen zuversichtlich sein.» (dpa)