«Bürgermeister aller Londoner» - Muslim Sadiq Khan mit schwierigem Amt

Seine Gegner wollten ihn in die Extremistenecke rücken. Doch Sadiq Khan setzte sich durch. Erstmals wurde ein Muslim zum Londoner Bürgermeister vereidigt - die Stadt schreibt Geschichte. Von Peer Meinert

«Ich werde ein Bürgermeister für alle Londoner sein», versprach Sadiq Khan bei seiner Vereidigung. Er wolle ein «besseres London» schaffen. Mit großer Mehrheit wurde der 45-jährige Labour-Politiker zum ersten muslimischen Bürgermeister der Millionen-Metropole gewählt. Am Samstag wurde er in der anglikanischen Southwark Cathedral in London vereidigt.

Labour-Chef Jeremy Corbyn fehlte bei der Vereidigung. Seine Partei musste bei den Regional- und Kommunalwahlen vor allem in Schottland Verluste hinnehmen. Khan war im Wahlkampf eher auf Abstand zu dem Parteilinken Corbyn gegangen. Die schwersten Herausforderungen für den neuen Bürgermeister dürften die schwindeleregenden Immobilienpreise sowie der schlechte Nahverkehr sein.

«Sadiq Khans Sieg ist ein aufregender Beginn in der britischen Politik», schwärmt der linksliberale «Guardian». Khan, Sohn pakistanischer Einwanderer, siegte mit 57 gegen 43 Prozent der Stimmen über seinen konservativen Rivalen Zac Goldsmith, den Spross einer schwerreichen Familie. 

Der britische Sender BBC spricht vom ersten muslimischen Bürgermeister einer westeuropäischen Metropole. Aber Rotterdam etwa hat bereits seit 2008 einen Bürgermeister islamischen Glaubens. Khans Wahlerfolg gilt als Trumpf in der ideologischen Auseinandersetzung um die Existenz einer islamischen Parallelgesellschaft und die Gefahr islamistischer Gewalt.

Schon vor dem Urnengang hatte die liberale Presse gejubelt. «Sadiq Khan als Bürgermeister wäre der schlimmste Alptraum der Terroristen», schwärmt der «Guardian». Khan ist ein Bilderbuch-Politiker, wie es sich die Labour-Partei nicht besser wünschen kann: Die Familie stammt aus Pakistan, der Vater war Busfahrer - der Sohn schaffte den Aufstieg.  

«Das war keine Wahl ohne Kontroversen», hatte Khan, der Rechtsanwalt ist, mit Blick auf böse Anfeindungen im Wahlkampf gesagt. Doch es habe «die Hoffnung über die Angst gesiegt».

Auch in der Konservativen Partei gab es nach der Wahlniederlage Kritik an dem Versuch, Khan in die Nähe muslimischer Extremisten zu rücken. Dies habe «Brücken gesprengt», sagte der Konservative Andrew Boff. «Ich will nicht, dass wir das noch einmal tun.» Auch Shuja Shafi, Chef des Muslimrates Muslim Council of Britain, kritisierte die Wahlkampagne der Konservativen scharf.

Unter Premierminister Gordon Brown diente Khan als Verkehrsminister. Bei der obligatorischen Vereidigung zum Geheimrat im Buckingham Palace legte Khan seinen Eid nicht auf eine Bibel, sondern auf einen Koran ab. Er bezeichnete sich als «britischen Muslim» und versicherte immer wieder, gegen Extremisten zu kämpfen.  (dpa)