Blick durchs Schlüsselloch: Iranische Posterkunst in Israel

Iran und Israel gelten als Erzfeinde. Das Museum für Islamische Kunst in Jerusalem ermöglicht nun einen Blick auf aktuelle persische Kunst - Poster mit hintergründigen Botschaften. Von Stefanie Järkel

Die Banane ist ein Penis, ihr Panzer aus Reißzwecken ein Kondom - und die Poster-Werbung zum Schutz vor HIV Kunst statt schlichtem Plakat. Der Perser Ramjar Vala, Jahrgang 1986, hat die überdimensionale Frucht auf arabische Schriftzeichen und verschnörkelte Blumenmuster gebettet, kleine Rechtecke erinnern an Gräber. «Es ist eine neue Welt des Design», sagt Kurator Yossi Lemel über iranische Posterkunst. «Es ist eine Kombination aus Ost und West, erfrischend und originell, es ist eine Explosion der Emotion.»

Das Museum für islamische Kunst in Jerusalem präsentiert gegenwärtig erstmals zeitgenössische Kunst von Israels politischem Erzfeind: iranische Poster. Der israelische Iran-Experte Meir Javedanfar setzt große Hoffnungen in die Ausstellung «Zeichen aus dem Iran». «Das ist das Gegenmittel zum Gift des Regimes – zum anti-israelischen, anti-semitischen Holocaust-verleugnenden Hass», sagt er. Irans Machthaber lehnen das Existenzrecht des jüdischen Staates ab.

Die Idee für die Ausstellung hatte Kurator und Posterkünstler Lemel aus Tel Aviv, organisiert wurde sie über die Mährische Galerie (Moravian Gallery) im tschechischen Brno (Brünn) - auch zum Schutz der Künstler. Nur Poster, die schon an andere Eigentümer verkauft oder verschenkt waren, konnte Lemel nach Israel holen. Die 60 Poster stammen aus den vergangenen 40 Jahren.

Zugang zu Künstlern ganz am Anfang ihrer Karriere hatte er damit nicht, mit lediglich einem Drittel der Designer konnte er sich austauschen. «Das ist die schwache Seite der Ausstellung - es war nicht komplett offen», sagt Lemel, der Posterkunst selbst als Nische bezeichnet.

Seinem Lieblingskünstler Mehdi Saidi widmet Lemel eine eigene Abteilung. Ein Plakat zeigt einen Derwisch in blau, der über schwarzen Grund wirbelt und für ein Tanzfestival wirbt. Auf einem anderen tauchen mit Henna bemalte Hände aus einem Meer aus Schnörkeln auf und halten eine Flöte.

Für Lemel ist der Iran «mysteriös und mystisch». Seit 35 Jahren träumt er davon, in das Land zu reisen - was für Israelis verboten ist. Er verweist auf die historische Verbindung Israels mit Iran, auf die große jüdische Gemeinde, die es dort früher gegeben hat. Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden Kalligraphie und Lithographie.

«Die Kalligraphie ist die erste islamische Kunst», sagt Museumsdirektor Nadim Scheiban. «Es ist die Kunst des Stiftes.» So verschwimmen auf den Postern immer wieder arabische Schriftzeichen zu fantastisch anmutenden Bildmotiven.

Ein Werk der Künstlerin Scharsad Changalwai zeigt eine Frau in einem kurzen schwarzen Kleid. Schriftzeichen ranken sich wie ein Helm mit heruntergelassenem Visier um ihren Kopf. «Ich stehe hier mit einer Menge Kraft - aber bin ich wirklich hier?», interpretiert Lemel das Motiv, die Rolle der Frau im Iran.

Kritik am iranischen System wird auch grundsätzlich nur subtil geäußert: Ein verfaulender Granatapfel stellt die persische Gesellschaft dar, die Friedenstaube ist eine Krähe. So erschließen sich dem Betrachter die Poster erst nach einer gewissen Zeit - und er versteht damit die «Zeichen aus dem Iran». (dpa)

Hier geht es zur Webseite der Ausstellung «Sign from Iran»