Bericht: Irreguläre Migration aus Türkei in EU auf Höchststand seit Pandemiebeginn

Die irreguläre Migration aus der Türkei in die EU hat einem Medienbericht zufolge den höchsten Stand seit dem Beginn der Corona-Pandemie Anfang März 2020 erreicht. Jeweils mehr als 4500 Menschen kamen in diesem Jahr bereits auf dem Seeweg aus der Türkei nach Griechenland sowie ins weiter entfernte Italien, wie die "Welt am Sonntag" berichtete. EU-Vize-Kommissionspräsident Margaritis Schinas forderte unterdessen, die EU müsse in der Migrationspolitik vom Modus der "Brandbekämpfung" wegkommen. 

In der vergangenen Woche erreichten 670 Menschen aus der Türkei die italienische Küste, seit Beginn des Jahres waren es 4739, wie die "Welt am Sonntag" schrieb. Damit nahmen demnach mehr Menschen den langen Weg nach Italien auf sich als nach Griechenland, wo 4577 Flüchtlinge aus der Türkei ankamen. 

Noch mehr Menschen erreichten Italien übers Mittelmeer aus Nordafrika: Die Behörden meldeten 3236 Ankünfte binnen einer Woche, der höchste Wert seit Juli 2017. Insgesamt kamen in diesem Jahr 39.183 Migranten über die zentrale Mittelmeerroute, 83 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie das Blatt unter Berufung auf einen internen Report der EU-Kommission berichtete. Darunter seien viele Afghanen.

In Spanien wurden bisher 20.500 Ankömmlinge gezählt, ein Plus von 47 Prozent. Dennoch sei die Lage an den EU-Außengrenzen ruhiger als 2015.

In Deutschland wurden dem Bericht zufolge bis Ende Juli 72.000 Asyl-Erstanträge gestellt - überwiegend von Migranten, die aus anderen EU-Ländern unerlaubt einreisten. Oft handelte es sich demnach um Asylbewerber, die in Griechenland schon abgelehnt oder anerkannt wurden. Der Juli sei mit rund 12.200 Erstanträgen der zugangsstärkste Monat seit Januar 2020 gewesen. Afghanen hätten im laufenden, wie schon im vergangenen Jahr, die zweitgrößte Gruppe nach den Syrern gestellt.

Die Bundesrepublik beherbergt inzwischen die größte afghanische Gemeinschaft außerhalb Zentralasiens, insgesamt rund 280.000 Menschen. Laut der Zeitung rechnen Experten deshalb damit, dass im Fall einer afghanische Flüchtlingsbewegung nach Europa besonders viele nach Deutschland wollen. 

Heiko Teggatz von der Deutschen Polizeigewerkschaft sagte der Zeitung: "Wir rechnen damit, in einigen Wochen an den deutschen Grenzen viel zu tun zu bekommen." Ob das "Negativszenario" einer Massenzuwanderung aus Afghanistan eintritt, "hängt von der Unterstützung für die Flüchtlinge in und um Afghanistan ab, und einem klaren Bekenntnis aus Brüssel, Berlin und Paris zu echtem Grenzschutz".

Die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR geht laut dem Blatt davon aus, dass in diesem Jahr 570.000 Afghanen innerhalb ihres Landes vertrieben wurden, vor allem seit Mai, als die radikalislamischen Taliban ihren Eroberungsfeldzug starteten. Die meisten Grenzübergänge seien geschlossen, es gebe aber eine stete Bewegung von Afghanen Richtung Pakistan. Weil sich die Sicherheitslage in einigen Gebieten stabilisiert habe, seien inzwischen aber auch "einige Binnenvertriebene" in ihre Heimatorte zurückgekehrt, heißt es demnach in einem Lagebericht vom 1. September.

EU-Vize-Kommissionspräsident Schinas äußerte auch mit Blick auf den Streit über Flüchtlinge an der östlichen EU-Grenze die Hoffnung auf eine gemeinsame EU-Asylpolitik. Die Situation an der Grenze zu Belarus sei ein Zeichen, "dass es jetzt höchste Zeit ist, einen berechenbareren, umfassenden europäischen Rahmen für die Migrationspolitik zu schaffen", sagte der EU-Politiker. (AFP)