Baerbock: Waffenexporte nach Ägypten von Menschenrechten abhängig

Auf der letzten Station ihrer Nahost-Reise macht Außenministerin Baerbock in Ägypten halt. Dort spricht sich über Menschenrechte und deutsche Waffenexporte - zwei besonders sensible Themen.



Kairo. Außenministerin Annalena Baerbock hat Ägypten darauf eingestellt, dass die Menschenrechtslage im Land bei künftigen Waffenlieferungen ein stärkeres Gewicht haben wird. Ausnahmen von einer «restriktiven Politik» solle es nur in begründeten Einzelfällen und nach sorgfältiger Prüfung geben, sagte Baerbock am Samstag in Kairo bei einem gemeinsamen Auftritt mit ihrem ägyptischen Kollegen Samih Schukri. Dabei spiele insbesondere die Menschenrechtslage eine wichtige Rolle. «Natürlich wird sich das auch auf Länder auswirken, die bisher große Empfänger deutscher Rüstungsexporte waren.»



Waffenlieferungen

Kairo nimmt seit drei Jahren einen Spitzenplatz in den deutschen Rüstungsexportstatistiken ein. Waffenlieferungen in das nordafrikanische Land sind jedoch äußerst umstritten. Menschenrechtler schätzen sowohl die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Zustände in den Gefängnissen in Ägypten als verheerend ein. Unter der Führung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi geht die Regierung mit harter Hand gegen Kritiker und Gegner vor. Zehntausende Menschen sitzen deswegen in Haft.



Der Grünen-Politik Omid Nouripour hatte kürzlich angemahnt, deutsche Rüstungsexporte nach Ägypten und auch nach Saudi-Arabien dürfte es «angesichts der problematischen Politik beider Staaten» nicht geben. «In Ägypten gibt es über 60 000 politische Gefangene, eine zweistellige Zahl von Gefängnissen ist dafür neu gebaut worden», sagte er. Im Libyen-Konflikt habe Ägypten zudem immer wieder gegen die Vereinbarungen der internationalen Gemeinschaft verstoßen - einschließlich Waffenlieferungen und militärischer Logistik, betonte der damalige Kandidat für den Grünen-Vorsitz.



Die Vorgängerregierung aus Union und SPD hatte für Ägypten alleine im vergangenen Jahr Waffen und andere Rüstungsgüter im Wert von 4,34 Milliarden Euro genehmigt - so viel wie für kein anderes Land. Kurz vor dem Regierungswechsel, als die große Koalition nur noch geschäftsführend im Amt war, billigte sie zudem noch Rüstungsexporte für 4,91 Milliarden Euro. Auch hier ging es zum Großteil um Lieferungen an Ägypten.



Menschenrechte

Die Außenministerin erklärte, sie habe mit ihren Gesprächspartnern in Ägypten «offen und ehrlich» über die Menschenrechtslage geredet. Das gehöre zu einem «ehrlichen Austausch» und «erst recht zu Freundschaft» dazu. Sicherheit und Stabilität könne es auf Dauer nur dort geben, «wo alle Menschen Perspektiven haben und die Chance, sich friedlich in Politik und Gesellschaft einzubringen».



Ägypten hatte in der Vergangenheit Ermahnungen zu seiner Menschenrechtslage teils brüsk zurückgewiesen. Schukri erwiderte am Samstag, Ägypten mache Beziehungen mit anderen Ländern nicht von Bedingungen abhängig. Die Basis seien gegenseitiger Respekt und Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Sein Land habe sich wegen Waffenlieferungen an Deutschland gewandt, um seine nationale Sicherheit und die Grenzen zu schützen. Ägyptens Beitrag zu Sicherheit und Stabilität in der Region habe einen direkten Einfluss auf die Sicherheit in Europa, erklärte Schukri weiter.



Baerbock traf in Kairo neben dem Außenminister auch Ägyptens Staatschef al-Sisi. Das nordafrikanische Land ist die letzte Station auf ihrer ersten Nahostreise im neuen Amt. Sie hatte in den vergangenen beiden Tagen Israel und Jordanien besucht.



Nahost-Friedensprozess



Deutschland schätze die ägyptische Vermittlerrolle im Nahost-Konflikt, erklärte Baerbock. Auch die neue Bundesregierung sei überzeugt, dass nur eine Zwei-Staaten-Lösung die Chance auf einen dauerhaften Frieden biete, auch wenn der Weg dorthin sehr weit sei.



Gemeint ist die Bildung eines demokratischen und unabhängigen Palästinenserstaates, der friedlich an der Seite Israels existiert. Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem den Gazastreifen, das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. 2005 zog sich Israel aus dem Gazastreifen zurück. Die Palästinenser wollen die Gebiete für einen eigenen Staat - mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Ägypten hatte 1979 als erstes arabisches Land einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet. In dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nimmt das nordafrikanische Land eine zentrale Rolle ein.



Klima-Politik



Baerbock sprach in Ägypten auch über den Klimaschutz, der für sie ein zentrales Anliegen ist. Dazu wollte sie neue Formen der Zusammenarbeit mit den Ländern der Region ausloten. Um die Klimakrise in den Griff zu bekommen, sei ein Technologietransfer notwendig, sagte sie in Kairo. Experten warnen, dass die Region von einem Klimawandel besonders stark betroffen sein werden. Schon jetzt leiden dort viele Länder unter Trockenheit und Wassermangel. Ägypten wird im November die diesjährige Weltklimakonferenz ausrichten. (dpa)