Autorin Asli Erdogan darf nicht zur Preisverleihung nach Deutschland

132 Tage war sie im Gefängnis, nun ist sie zwar frei, darf aber die Türkei nicht verlassen: Erdogan bekommt keinen Reisepass. Deshalb kann sie den Friedenspreis der Stadt Osnabrück nicht persönlich entgegennehmen.

Asli Erdogan ist Trägerin des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises. Am 22. September sollte sie in Osnabrück geehrt werden. Voraussichtlich wird sie aber nur per Live-Schaltung an der Preisverleihung teilnehmen können, denn nach der Entlassung aus dem Gefängnis haben ihr die türkischen Behörden ihren Reisepass nicht wieder ausgehändigt.

Im August 2016 war sie zusammen mit weiteren Mitarbeitern der türkisch-kurdischen Zeitung "Özgür Gündem" verhaftet worden. Der Grund: Terrorverdacht. Nach 132 Tagen Haft ist sie im Dezember 2016 entlassen worden, im Juni 2017 hatte man ihr Reisefreiheit zugesprochen. Diese kann sie ohne Papiere jedoch nicht nutzen. Schon im April dieses Jahres hatte sie nicht an der Übergabe der ihr verliehenen Theodor Heuss Medaille teilnehmen können, auch eine Preisübergabe in amsterdam platze.

Die 1967 geborene Asli Erdogan gilt als scharfe Kritikerin des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. In ihrem jüngsten Essayband "Nicht einmal das Schweigen gehört uns noch" schreibt sie über die Auswirkungen des Putsches im Sommer 2016 in der Türkei. Ihre weiteren Themen sind Diskriminierung von Frauen, Unterdrückung, Folter und Krieg.

Den mit 25.000 Euro dotierten Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis bekam Erdogan im Mai 2017 zugesprochen - "als bedeutende Autorin und Kämpferin für die Menschenrechte", so die Jury damals. Sie würdigte Erdogans "Berichte über die Auswirkungen der politischen Verhältnisse in der Türkei auf die Menschen und ihren Alltag". Es sei ihr gelungen, die Schrecken, die Gewalt und Krieg insbesondere auf Frauen ausüben, transparent zu machen.

Erdogan wird per Video-Schaltung an einer Diskussionsveranstaltung am Abend vor der Preisverleihung teilnehmen.

Zusammen mit der Schriftstellerin  wird der Verein "Pulse of Europe" ausgezeichnet. Er erhält den mit 5.000 Euro dotierten Sonderpreis für sein Eintreten für Europa. Das Anliegen des 2016 gegründeten Vereins ist es, die Europäische Union als Bündnis zur Friedenssicherung zu erhalten.

Der Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis wird alle zwei Jahre in Erinnerung an das pazifistische Engagement des in Osnabrück 1898 geborenen Schriftstellers vergeben. Erich Maria Remarque ist Autor des Antikriegs-Romans "Im Westen nichts Neues", der die Gräuel des Ersten Weltkriegs schildert. (dpa/epd/sz)

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