Aussteiger: Islamisten Lau und Vogel haben sich radikalisiert

Im Terrorprozess gegen den Islamistenführer Sven Lau hat ein Aussteiger und ehemaliger Weggefährte von dessen Radikalisierung berichtet. Anfangs sei es um «Missionsarbeit» gegangen, über den Dschihad sei so gut wie nie gesprochen worden, sagte Dominic S. am Dienstag als Zeuge vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Doch später hätten Lau und sein Gesinnungsfreund Pierre Vogel sich mit militanten Kräften der Szene verbündet, so der Aussteiger.

Die Bundesanwaltschaft hat den 35-jährigen Lau wegen Unterstützung einer islamistischen Terrormiliz angeklagt. Lau gilt auch als Initiator der «Scharia-Polizei» in Wuppertal. Laut Anklage hat er 2013 zwei Salafisten aus Deutschland mit Hilfe eines Schleusers in die Reihen der Terrormiliz Jamwa gelotst. Außerdem soll Lau der Terrormiliz Nachtsichtgeräte und Geld verschafft haben. Laus Verteidiger bestreitet die Vorwürfe.

Der 28-jährige Zeuge berichtete, die Zeit um 2008/2009 sei ein Wendepunkt gewesen. Bis dahin seien dschihadistische Töne sofort gebremst worden, danach sei ein anderer Ton angeschlagen worden. Vogel habe zum Beispiel früher aufgerufen, wählen zu gehen. Heute sage er: «Wer wählen geht, ist ein Ungläubiger.»

Die Ermordung einer Muslimin im Dresdner Landgericht 2009 sei eine Zäsur gewesen. Ein Russlanddeutscher hatte sie mit 18 Messerstichen aus Fremdenhass umgebracht. Danach habe bei den Salafisten ein ausgeprägtes Freund-Feind-Denken geherrscht: «Alle hassen uns, nur weil wir Muslime sind.»

Pierre Vogel habe den Begriff der «New Muslim Army» geprägt. Sven Lau habe gesagt: «Wir sind nicht die Christen, wir halten nicht die andere Wange hin, dann gibt es einen Kieferbruch.» Inzwischen sage Vogel: «Der schlechteste Muslim ist besser als der beste Ungläubige.» Das sei doch «purer Faschismus».

Von 2005 bis 2009 habe er Lau begleitet. «Sven Lau war unser großer Bruder, unser Mentor. Eine Art Vorbild.» Ein weiteres Mitglied der Gruppe und ein Freund von ihm, Konrad S., sei inzwischen in Syrien IS-Kommandant. Er selbst sei für die Youtube-Auftritte der Salafisten zuständig gewesen, sagte der 28-Jährige. Um Reichweite zu generieren, seien die Videos mit den Namen Prominenter verschlagwortet worden.

Mit Stefan Raab, Oliver Pocher, TV total oder einer Einladung des Rappers Fler zum Islam seien zum Teil 100.000 Klicks erzielt worden. «Weil alle Jugendlichen sich Rapper angucken, nimmt man halt Rapper und nicht Andrea Berg.»

Dominic S. hat inzwischen ein Buch als Abrechnung über seine Zeit unter den Islamisten geschrieben («Ich war ein Salafist: Meine Zeit in der islamistischen Parallelwelt»). Darin nennt er Lau und Pierre Vogel «geistige Brandstifter». Er tritt nun vor Schulklassen auf und warnt Jugendliche vor den Verführern im Namen des Korans: Labile Jugendliche in einer Sinnkrise würden gezielt geködert, und dabei gehe es nicht um Gott. (dpa)