Ausbürgerung von IS-Kämpfern: Berlin will Kämpfern für ausländische Terrormiliz Pass entziehen

Sie gelten als hochgefährlich: deutsche IS-Kämpfer, die gefangen sind und möglicherweise nach Deutschland zurückkommen wollen. Wie mit ihnen umgehen? Nun hat sich die große Koalition auf eine Regelung zum Passentzug geeinigt. Doch die hat eine andere Zielrichtung.

Die Bundesregierung will Kämpfern für ausländische Terrormilizen künftig unter bestimmten Bedingungen den deutschen Pass entziehen lassen. Voraussetzung ist, dass sie eine weitere Staatsbürgerschaft besitzen und volljährig sind. Die Regelung soll zudem nicht rückwirkend, sondern nur für künftige Fälle gelten.

Darauf haben sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Justizministerin Katarina Barley (SPD) geeinigt und damit den Streit zwischen ihren Ressorts beigelegt. Dieser hatte sich daran entzündet, dass das Innenministerium ursprünglich mit der Gesetzesnovelle noch weitere Punkte durchsetzen wollte.

„Es geht um die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz im Ausland“, erläuterte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die Bundesregierung erhofft sich davon auch eine „präventive Wirkung“ für die Zukunft, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte. Es sei „schon ein Signal, dass nunmehr über Strafbarkeitsregelungen hinaus auch der Verlust der Staatsangehörigkeit droht, wenn man sich einer Terrormiliz anschließt“.

Bislang bestimmt Paragraf 28 des Gesetzes zur Staatsangehörigkeit, dass ein Deutscher diese verliert, der ohne offizielle Genehmigung „in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eintritt“.

Schon in ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD vereinbart, dies auch auf jene Deutsche auszuweiten, denen „die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann“.

US-Präsident Donald Trump hatte Deutschland und andere europäische Staaten aufgerufen, mehr als 800 in Syrien gefangene Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zurückzunehmen und vor Gericht zu stellen. Gegen die von syrischen Kurden gefangenen IS-Kämpfer aus Deutschland liegen allerdings bisher nur in wenigen Fällen Erkenntnisse und Beweise vor, die vor Gericht Bestand hätten.

Für diese Dschihadisten, die in der Vergangenheit für den IS gekämpft haben, nun inhaftiert sind und möglicherweise wieder nach Deutschland zurückkehren, gilt die Neuregelung aber genau nicht.

Scharfe Kritik kam von der Opposition. Der Vizevorsitzende der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, nannte die Einigung eine „reine Schaufensterpolitik“, die das Problem nicht löse. „Vielmehr muss die Bundesregierung endlich Position beziehen, wie sie mit den gefangenen deutschen IS-Kämpfern umgehen will, die weiterhin ein großes Sicherheitsrisiko darstellen.“

Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, warf der Bundesregierung vor, sicherheitspolitisch zu versagen. Wegen des Rückwirkungsverbots könnten die jetzt unter dem Druck der Öffentlichkeit unternommenen Gesetzesänderungsversuche „Deutschlands Bevölkerung nicht mehr wirkungsvoll vor IS-Kämpfern aus Syrien und Irak schützen“.

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger nannte den Entzug des Passes „keine geeignete Strategie“. „Ich hätte es besser und ehrlicher gefunden, dass man sagt: Ok, wenn jemand deutscher Staatsbürger oder deutsche Staatsbürgerin ist, dann haben wir auch hier die Verantwortung, das rechtlich zu klären und hier die Leute unter Anklage zu stellen, und nicht nach dem Motto zu verfahren, das Problem möglichst weit wegzuschieben.“

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock sagte, wer jetzt eine deutsche Staatsangehörigkeit habe und Kriegsverbrechen begangen habe, müsse vor deutschen Gerichten angeklagt werden. „Davor darf sich die Bundesregierung nicht drücken. Der Entzug der Staatsbürgerschaft sei ein tief gehender Eingriff in die Bürgerrechte und dürfe nur „in absoluten Einzelfällen“ stattfinden. (dpa)