Aus IS-Haft freigekommener Priester ruft zu Gewaltlosigkeit auf

Der aus IS-Haft freigekommene syrische Ordenspriester Jacques Mourad ruft im Angesicht von Krieg und Terror zu Gewaltlosigkeit auf. Vor seiner fünfmonatigen Geiselhaft hätten Christen und Muslime gute Beziehungen in ihrer Stadt gepflegt, sagte der Priester am Donnerstagabend in Münster. Nach der Freilassung hätten sich diese guten Beziehungen fortgesetzt. "Die Muslime haben mir geholfen, obwohl es ihr eigenes Leben in Gefahr brachte." Gewalt sei keine Antwort auf Konflikte. "Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass am Ende nur die Liebe und die Güte das letzte Wort haben."

Die Terrormiliz IS hatte Mourad gemeinsam mit 250 Mitgliedern seiner Gemeinde, darunter 60 Kinder, aus dem Kloster Mar Elian nahe der Stadt al-Qaryatain entführt. "Als jemand, der als christliche Minderheit in einem muslimischen Land lebt, möchte ich sagen, dass diese Menschen nichts mit dem Islam zu tun haben", sagte er. Er verurteilte zugleich die mutmaßlich terroristisch motivierte Messerattacke am Donnerstag in der Kirche in Nizza, bei dem drei Menschen getötet worden waren.

Über seine Zeit der Entführung berichtete Mourad, sie seien die ersten Tage ohne Essen und Trinken durch die Wüste gefahren worden. "Wir wussten, dass wir auf dem Weg zum Sterben sind." Etwa drei Monate lang sei er in einer Toilette eingesperrt gewesen. Am achten Tag der Gefangenschaft habe sich einer der Dschihadisten zu ihm gesetzt und wollte mit ihm über den christlichen Glauben sprechen. Durch diese Gespräche habe sich im Geiselnehmer etwas verändert. "Dieser Mensch, der sonst mordet, wurde plötzlich zu einem anderen Menschen."

Der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn sagte in der Überwasserkirche, die Erfahrungen von Mourad zeigten, dass Dialog besser sei als Aggressivität und Waffengewalt. Er erinnerte zudem an die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels von 2015. Der Preisträger, der muslimische Schriftsteller Navid Kermani, hatte einen Großteil seiner damaligen Dankesrede Mourad und dem ebenfalls in Syrien entführten Jesuitenpater Paolo Dall'Oglio gewidmet. "Mich hat das damals insgesamt sehr bewegt", so Zekorn. Von Dall'Oglio fehlt bis heute jede Spur. (KNA)