Anhaltende Kritik an türkischem Einfluss auf Islamverbände in Deutschland

Die Kritik an Teilen der türkischstämmigen Bevölkerung und am Einfluss der Türkei auf muslimische Verbände in Deutschland wird lauter.

Dass es derzeit auch in Deutschland zu Unruhen komme, liege daran, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan "eine massive Wirkung" auf die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland habe, sagte die Präsidentin des baden-württembergischen Landtages, Mutherem Aras (Grüne), der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen" (Samstag). Sie sei "entsetzt über das Verhalten vieler Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind".

Aras sprach sich gegen islamischen Religionsunterricht durch Imame in Moscheen aus. Er müsse langfristig an deutschen Schulen, in deutscher Sprache und von in Deutschland ausgebildeten Personen durchgeführt werden. Imame würden häufig für drei Jahre aus ihren Herkunftsländern einreisen und in Moscheen Islamunterricht geben, ohne Deutschland zu kennen. Dann wisse man nicht, was in Moscheen gepredigt werde.

Der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde, Ali Ertan Toprak, forderte von der Bundesregierung eine Klärung des Verhältnisses zu muslimischen Verbänden. Im Hinblick auf den türkisch-muslimischen Verband Ditib sagte er dem "Spiegel": "Wer vom Ausland dirigiert wird, wer sich mehr mit einem ausländischen Staat identifiziert als mit der hiesigen Gesellschaft, kann nicht erwarten, dass er bei der Integration der Muslime und der Gestaltung der Islampolitik als Gesprächspartner akzeptiert wird."

Die Stimmung in Deutschland sei auch zwei Wochen nach dem Putschversuch in der Türkei als "aufgeheizt", so Toprak weiter. In den Sozialen Netzwerken erlebten Kurden derzeit Hetze von Anhängern des türkischen Präsidenten Erdogan.

Grünen-Chef Cem Özdemir erneuerte seine Kritik an der Ditib. Sie sei "im Kern eine politische Organisation - noch dazu eine, die aus der Türkei von der dortigen Regierung gesteuert wird", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wer verlange, dass ein solcher Verband an deutschen Schulen islamischen Religionsunterricht anbiete, "der sollte ehrlicherweise dazu sagen, dass er den türkischen Präsidenten an unsere Schulen holen will".

Özedmir forderte mehr Unterstützung für einen gemäßigten Islam. Es müssten jene Muslime unterstützt werden, die wollten, dass "der Islam durch das Feuer der Aufklärung geht", sagte er. "Dieser andere Islam muss verstärkt an unseren Universitäten gelehrt werden. Er muss in Deutschland eine Heimat bekommen."

Zuvor hatte die Ditib den Vorwurf zurückgewiesen, aus Ankara gesteuert zu werden. "Unsere Gemeinden sind Vereine nach deutschem Recht", erklärte der Koordinator der Landesverbände der Ditib, Murat Kayman, im Interview der "Frankfurter Rundschau" (Freitag). Die Vereinsvorstände lebten in Deutschland und seien hier geboren. "Sie stehen in keinerlei Verbindung zu türkischen Ämtern oder Behörden." (KNA)