Angst und Wut in Teheran nach Inkrafttreten neuer US-Sanktionen

Im Basar von Teheran hat Heidar Fekri schon vor der Islamischen Revolution von 1979 seine Waren verkauft. Doch nach Inkrafttreten der neuen US-Handelssanktionen am Montag fürchtet der 70-jährige Händler erstmals um seine Existenz. "Meine Regale sind leer, meine Lager sind leer, und bald werde ich meine Türen schließen müssen", sagt der alte Mann der Nachrichtenagentur AFP. "Dies ist mein ganzes Leben. Ich werde nicht lange überleben, wenn ich das Geschäft dichtmachen muss."

Die iranische Wirtschaft lief schon vor den neuen Finanz- und Handelsbeschränkungen nicht gut und litt unter hausgemachten Problemen wie Misswirtschaft und Korruption. Doch die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump im Mai zum einseitigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen und der Verhängung scharfer neuer Sanktionen gegen den Iran, hat die Wirtschaft massiv einbrechen lassen.

Obwohl die anderen Vertragspartner entschlossen sind, das Atomabkommen am Leben zu halten und sich Trumps Sanktionen zu widersetzen, haben sich die großen westlichen Firmen aus Angst vor den US-Strafmaßnahmen bereits zurückgezogen. Binnen eines Jahres hat die iranische Währung rund 70 Prozent ihres Werts verloren, während die Inflation massiv gestiegen und die Wirtschaft in eine Rezession gestürzt ist.

Die Unsicherheit lähmt die Wirtschaft und auch Fekri hat seit einem Jahr keine neue Ware mehr importiert. "Der Verkauf ist binnen sechs Monaten um 90 Prozent zurückgegangen. Der ganze Basar leidet", sagt der Händler, der seit 47 Jahren Industriepumpen und Bohrer aus Europa importiert. Zwar haben die Iraner viel Erfahrung in der Umgehung von Sanktionen, doch bleibt kaum ein Bereich von den Handelsbeschränkungen unberührt.

Sam Cordier hält weiter in Teheran aus, allerdings hat der Brite wegen der Sanktionen sechs der 30 Mitarbeiter seiner Werbefirma PGt Advertising entlassen müssen, die Firmen wie British Airways und Nestlé vertritt. Den anderen Angestellten musste er das Gehalt kürzen, da viele ausländische Kunden gegangen sind. "Dies sind die Leute, die leiden", sagt er. "Viele junge, gut ausgebildete Leute verlassen das Land. Es gibt einen massiven Brain-Drain."

Niemand wisse, worauf die USA hinaus wollten, kritisiert Cordier. Washington erklärt, Teheran mit den Sanktionen zu einem Kurswechsel in der Region zwingen zu wollen, doch besteht der Verdacht, dass die US-Führung eigentlich einen Aufstand im Iran provozieren will. "Es ist nicht fair, dass die Amerikaner zu Gewalt anstacheln wollen", sagt Cordier. "Wenn dies weitergeht, werden alle professionellen Geschäftsleute gehen."

Im Iran ist die Wut auf Trump groß, doch viele Iraner machen auch die Politik der eigenen Regierung für die Misere verantwortlich. "Ja, Amerika tut schlechte Dinge, doch handelt es gemäß seinen eigenen Interessen. Wenn unser Staat gemäß den Interessen des Iran gehandelt hätte, wären wir heute nicht dort, wo wir sind", sagt der 30-jährige Erfan Jusufi, dessen hippes neues Café unter der geringeren Nachfrage und den hohen Preisen leidet.

Trotz all der wirtschaftlichen Probleme und des Unmuts über die Regierenden deutet wenig darauf hin, dass die Iraner zu einem neuen Aufstand bereit wären. Ein großer Teil der Bevölkerung steht noch immer hinter den Werten und Zielen der Islamischen Revolution von 1979, während viele andere Angst vor Repressionen haben und das Chaos und die Anarchie fürchten, die ein gewaltsamer Umsturz nach sich ziehen würde.

Viele junge Iraner haben inzwischen resigniert und sehen sich als "verbrannte Generation", die um ihre Chancen gebracht wird. "Ich mache mir Sorgen wegen der Zukunft", sagt Jusufi in seinem Café. "Unsere Generation steht jeden Morgen auf, ohne zu wissen, was aus uns werden wird." (AFP)