Angst und Wut in Burkina Faso

Die unsichere Lage, wie auch die Militärpräsenz der Franzosen wollen junge Menschen in Burkina Faso nicht mehr hinnehmen. Mit Demonstrationen fordern sie mehr Schutz der Bevölkerung sowie den Rücktritt der Regierung.



Ouagadougou. In Burkina Faso ist der Ärger in der Bevölkerung deutlicher als je zuvor zu spüren. Mehr als 1,4 Millionen Menschen sind aus Angst vor Überfällen und Anschlägen aus ihren Heimatorten geflohen. Betroffen ist längst nicht mehr nur der Norden, sondern zunehmend auch der Osten sowie der Südwesten. Dort wird vor allem rund um die Stadt Bobo-Diolasso Baumwolle angebaut, die im vergangenen Anbaujahr einen Ernteertrag von 472.000 Tonnen brachte und das wichtigste Exportgut ist. Der Sahelstaat mit gut 21 Millionen Einwohnern gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und bietet gerade für junge Menschen kaum Perspektiven - doch das Durchschnittsalter liegt bei knapp 18 Jahren.



Stattdessen steigt die Gewalt. Erst in der Nacht zu Montag wurden im Ort Foube in der Provinz Sanmatenga zehn Zivilisten und neun Soldaten getötet. Eine Woche zuvor starben in der Provinz Soum bei einem Anschlag auf die Gendarmerie von Inata 53 Menschen. Beobachter sehen das Attentat, eines der schwersten gegen Sicherheitskräfte in Westafrika, als Wendepunkt: Die Gewalt hat ein erträgliches Maß überschritten.



Die katholische Bischofskonferenz von Burkina Faso und Niger verlangte einen Dialog zwischen Zivilbevölkerung, Parteien sowie Vertretern von Militär und Kirche, um Auswege aus der Krise zu finden. Auch müsse die Regierung Gespräche mit den Terroristen suchen. Eine militärische Lösung, die auch das Nachbarland Mali verfolgt, gilt längst als gescheitert. Trotzdem zeigte sich die Regierung von Präsident Marc Roch Christian Kabore, der seit sechs Jahren an der Macht ist, bislang nicht offen für einen Dialog.



Aktiv in Burkina Faso sind hauptsächlich die Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime (JNIM), der Islamische Staat der größeren Sahara (EIGS) sowie Ansarul Islam, burkinische Dschihadisten. Aber auch Verbrecherbanden verüben Anschläge. Die Übergänge sind oft fließend, und nicht immer lässt sich klären, wer verantwortlich ist.



Dagegen soll am Samstag in der Hauptstadt Ouagadougou erneut protestiert werden. Dazu aufgerufen hat die noch junge Bewegung "Sauvons le Burkina Faso" (Rettet Burkina Faso). Auch in weiteren Städten wie Dori sind Demonstrationen geplant. Bei dem ersten und recht spontanen Protest vor einer Woche hatten die Teilnehmer den Rücktritt von Präsident Kabore gefordert.



Die Bewegung "Balai Citoyen", die 2014 nach wochenlangen friedlichen Protesten Kabores Vorgänger Blaise Compaore zum Sturz gebracht hatte, erklärte: "Der Präsident und der Oberbefehlshaber der Streitkräfte sind hauptverantwortlich für die Schwächen und Misserfolge unserer Armee." Auch die politische Opposition um Eddie Komboigo forderte die Regierung auf, Konsequenzen aus der schlechten Sicherheitslage zu ziehen.



Der Unmut richtet sich allerdings auch gegen die einstige Kolonialmacht Frankreich, die in den Sahelstaaten Tausende Soldaten stationiert hat; die größte Einheit mit 5.100 Soldaten im Rahmen der "Mission Barkhane" im Nachbarland Mali. Letztere soll allerdings halbiert werden. Am vergangenen Freitag wurde ein französischer Konvoi auf dem Weg in den Niger in der Stadt Kaya, Hauptstadt der Provinz Sanmatenga, blockiert. Hunderte Menschen forderten die Streitkräfte auf, das Land zu verlassen. Tags darauf wurden mindestens vier Personen verletzt, berichtet der Sender TV5 Monde. Tränengas wurde eingesetzt. Proteste gegen Frankreich hatte es zuvor auch in Mali gegeben. (KNA)