Amnesty wirft Israel Apartheid vor - Kritik von verschiedenen Seiten

Amnesty International wirft Israel vor, mit dem Umgang mit den Palästinensern an die Apartheid zu erinnern - und zieht sich damit selbst Kritik zu. Die deutsche Amnesty-Sektion hält sich zurück.



London. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft Israel im Umgang mit den Palästinensern das Verbrechen der Apartheid vor. Apartheid wird die Doktrin der Trennung einzelner ethnischer Bevölkerungsgruppen genannt - vor allem bis 1994 in Südafrika. «Wir haben festgestellt, dass Israels grausame Politik der Segregation, Enteignung und Ausgrenzung in all seinen kontrollierten Gebieten eindeutig Apartheid gleichkommt», sagte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, am Dienstag in London. Sie rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Allerdings gab es auch an Amnesty Kritik.



Israels Außenminister Jair Lapid wies die Vorwürfe zurück. Amnesty sei eine «radikale Organisation, die Propaganda ohne ernsthafte Prüfung» wiedergebe. Sie zitiere Lügen, die von Terroristen in Umlauf gebracht würden. «Israel ist nicht perfekt - aber es ist eine Demokratie, die sich dem Völkerrecht verschrieben hat, offen für Überprüfung ist und über eine freie Presse sowie einem starken obersten Gerichtshof verfügt.» Lapid kritisierte auch, dass Amnesty weder Syrien noch den Iran oder «mörderische Regime» in Lateinamerika und Afrika als Apartheid-Staaten bezeichne.



Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bezeichnete die Veröffentlichung als «fahrlässig» - auch, weil der Bericht einen ohnehin verbreiteten israelbezogenen Antisemitismus in Europa schüre. Die deutsche Amnesty-Sektion müsse «sich von dem antisemitischen Bericht distanzieren».



Auf deren Webseite hieß es, die deutsche Amnesty-Sektion habe aufgrund der Geschichte und weil Antisemitismus zurzeit einen beunruhigenden Höchststand erlebe, eine besondere Verantwortung. «Im nationalen aktuellen wie historischen Kontext ist eine objektive, sachbezogene Debatte zu der vom Bericht vorgenommenen Einordnung nur schwer möglich. Um der Gefahr der Instrumentalisierung oder Missinterpretationen des Berichts entgegen zu wirken, wird die deutsche Amnesty-Sektion zu diesem Bericht keine Aktivitäten planen und durchführen.»



Amnesty International stellt in dem Bericht dar, wie Israel aus Sicht der Organisation gegenüber den Palästinensern sowohl in Israel selbst als auch in den Palästinensergebieten und anderen Ländern ein «System der Unterdrückung und Herrschaft» ausübe. Dazu gehörten die Beschlagnahmung von palästinensischen Grund und Boden, unrechtmäßige Tötungen sowie drastische Bewegungseinschränkungen. Die Organisation wurde 1977 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.



Die Amnesty-Zentrale rief den Internationalen Strafgerichtshof auf, den Tatbestand der Apartheid bei Ermittlungen zu berücksichtigen. Außerdem forderte sie den UN-Sicherheitsrat auf, ein Waffenembargo gegen Israel sowie Sanktionen zu verhängen. Apartheid ist ein international definiertes Verbrechen gegen die Menschlichkeit. (dpa)