Amnesty International: Libyen wird zur tödlichen Falle für Flüchtlinge

Flüchtlinge und Migranten werden in Libyen regelmäßig ausgeraubt, gefoltert, entführt und sexuell missbraucht. Das stellt Amnesty International in einem am Montag in Berlin veröffentlichten Bericht fest. Auch gezielte Gewalt islamistischer Gruppen gegen Christen, zumeist aus Ägypten, Äthiopien, Eritrea und Nigeria dokumentiert der Bericht. Zuletzt tötete der sogenannte Islamische Staat 49 Christen in Libyen.

Die von der EU angestrebte Zerstörung von Schlepperbooten würde die Situation für Ausländer in Libyen nach Ansicht von Amnesty nur noch verschärfen. «Wenn die EU ihre Pläne umsetzt, sitzen die Flüchtlinge vollends in der Falle», sagt Selmin Caliskan, die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. «Da auch Ägypten und Tunesien beginnen, ihre Grenzen zu schließen, bleibt ihnen der gefährliche Weg über das Mittelmeer als einzige Chance, der zunehmenden Gewalt und Grausamkeit in Libyen zu entkommen.»

Amnesty forderte von der EU, eine gemeinsame Seenotrettung auf dem Mittelmeer einzurichten, deren Einsatzgebiet bis vor die libysche Küste reicht. Außerdem müsse die EU deutlich mehr Aufnahmeplätze für Flüchtlinge schaffen. «Ohne sichere und legale Fluchtwege bleibt Tausenden nichts anderes, als sich in die Hände skrupelloser Schlepper zu begeben», stellt Caliskan fest. Angesichts der zunehmenden Gewalt in Libyen fordert Amnesty aber auch die Nachbarländer Tunesien und Ägypten auf, ihre Grenzen für Flüchtlinge offen zu halten.

Der Amnesty-Bericht mit dem Titel «Libya is full of cruelty: Stories of abduction, sexual violence and abuse from migrants and refugees» beschreibt Fälle von Entführung, Erpressung, Vergewaltigung und Folter durch Schmuggler und bewaffnete Banden auf dem Weg nach und durch Libyen ebenso wie die grausame Behandlung in den Flüchtlingslagern, in denen libysche Behörden Männer, Frauen und Kinder auf unbestimmte Zeit einsperren.

«Die Zustände in Libyen hat die Staatengemeinschaft durch ihre Untätigkeit mitverschuldet», sagt Caliskan. «Seit dem Ende des Nato-Militäreinsatzes 2011 haben westliche Staaten tatenlos zugesehen, wie Libyen in Gesetzlosigkeit versinkt und bewaffnete Gruppen das Land ins Chaos stürzen. Sie dürfen jetzt nicht einfach das Leid der Flüchtlinge und Migranten in Libyen ignorieren.» (KNA)