Aktuelle Studie: Nahezu jeder Dritte in Deutschland beklagt Diskriminierung

Nahezu jeder Dritte in Deutschland ist nach eigenem Bekunden in den vergangenen zwei Jahren diskriminiert worden. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Erhebung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Diskriminierung komme in allen Lebensbereichen aus unterschiedlichsten Gründen vor und betreffe mit 31,4 Prozent einen «erheblichen Teil der Bevölkerung», mahnte die Leiterin der Bundesstelle, Christine Lüders.

Die Hauptgründe seien das Alter (14,8 Prozent), gefolgt von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (9,2 Prozent) und der eigenen Religion oder Weltanschauung (8,8 Prozent). Besonders häufig gibt es demnach Benachteiligungen im Beruf. Fast die Hälfte der Befragten (48,9 Prozent) berichtet von Diskriminierung im Arbeitsleben. In der Freizeit seien es eher Benachteiligungen wegen der sexuellen Orientierung oder Herkunft.

Die Studie der Antidiskriminierungsstelle basiert dabei auf zwei Säulen: In einer repräsentativen Umfrage des Bielefelder SOKO Institut für Sozialforschung und Kommunikation wurden bundeweit rund 1.000 Personen ab 14 Jahren zu Diskriminierungserfahrungen allgemein befragt.

Darüber hinaus gab es eine Betroffenenbefragung in Kooperation mit dem Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung. Hier wurden Menschen ab 14 Jahren aufgefordert, über ihre ganz persönliche Diskriminierungserfahrung zu berichten. Daran beteiligten sich rund 18.000 Personen. Diese Betroffenenbefragung sei die bislang größte ihrer Art in Deutschland, sagte Lüders.

Die Vizedirektorin des Berliner Migrationsforschungsinstitut, Naika Foroutan, erklärte, dass Diskriminierungen im Berufsleben am häufigsten erlebt würden. Dabei seien etwa Frauen stark betroffen. Mal seien sie zu alt oder zu jung und damit zu unerfahren oder eine mögliche Familienplanung sei ein Hindernis. Das Stichwort «gläserne Decke» sei weiterhin ein großes Problem in der Berufswelt, so Foroutan. Grundsätzlich könne Altersdiskriminierung aber jeden treffen.

Diskriminierung aufgrund von Religion und Weltanschauung oder Herkunft spiele indes einerseits bei der Arbeit, aber vor allem in der Freizeit und im Internet eine Rolle. Das reiche von der Frau mit Kopftuch, deren Mitgliedsantrag im Fitnessstudio abgelehnt werde, bis zum ausländisch aussehenden Mann, der nicht in die Diskothek dürfe. Foroutan warnte vor den langfristigen Folgen von Diskriminierung. Knapp die Hälfte (45,9 Prozent) belaste die Diskriminierungserfahrung lange nach dem Ereignis.

Dabei nehmen sechs von zehn Betroffenen die Diskriminierung laut Befragung nicht kommentarlos hin. «Die Menschen sind sensibilisiert beim Thema Diskriminierung und finden sich nicht damit ab», sagte Lüders. Es sei jedoch weiterhin sehr schwer, etwas dagegen zu unternehmen. Lüders plädierte für eine Weiterentwicklung des Schutzes und für ein Klagerecht der Antidiskriminierungsstelle. Es brauche mehr Grundsatzurteile. (KNA)

Die Studie der Antidiskriminierungsstelle finden Sie hier.