Ägypten erwartet überdurchschnittliche Nilschwemme

Hohe Wasserstände und überdurchschnittliche Regenmengen könnten in diesem Jahr zu einer stärkeren Nilflut als üblich führen. Genauere Angaben über das Ausmaß der Schwemme seien erst später im September und Oktober möglich, sagte das ägyptische Bewässerungsministerium laut Bericht der Zeitung "Al-Ahram".

Bewässerungsminister Mohammed Abdel Aty ordnete laut Bericht an, illegale Strukturen auf Wasserstraßen, insbesondere auf dem Nil, zu entfernen. Sie schränkten die Fähigkeit der Wassernetze ein, bei Notfällen und Überschwemmungen überschüssiges Wasser aufzunehmen. Im vergangenen Jahr erlebte das Land die stärkste Nilschwemme seit 50 Jahren, ohne dass es zu Schäden gekommen wäre.

Zuletzt war es im Sudan wegen heftiger Regenfälle und Fluten zu Überschwemmungen gekommen, bei denen mindestens 90 Menschen getötet wurden. Unter anderem im Süden des Landes brach ein Staudamm. Der Wasserstand des Blauen Nils erreichte nach Angaben des sudanesischen Bewässerungsministers Jassir Abbas mit 17,43 Metern den höchsten Stand seit Beginn der Messungen in 1912.

Die Nilschwemme ist ein periodisch in den Monaten August, September und Oktober auftretendes Hochwasser, das durch Monsunregen im äthiopischen Hochland verursacht wird. Die Flutwelle überschwemmt bei ihrem Weg zum Nildelta die Felder des Niltals sowie weite Teile des Deltas. Durch den Bau zahlreicher Staudämme erreicht heute jedoch nur noch ein kleiner Teil des Flutwassers das Meer.

Gegenwärtig streiten die Nilanrainerstaaten Ägypten, Äthiopien und Sudan um äthiopische Nil-Staudammpläne. Äthiopien hat trotz heftiger Proteste im Sommer mit dem Befüllen des "Grand Ethiopian Renaissance Dam" (GERD) begonnen und laut ägyptischen Medien bisher 4,9 Milliarden Kubikmeter Wasser aufgestaut. Ägypten befürchtet negative Auswirkungen auf den Lauf des Nils, der die weitaus wichtigste Wasserquelle des Landes ist.

Sudan wiederum beurteilt die möglichen Auswirkungen einer einseitigen Inbetriebnahme des GERD für den Roseires-Damm an der äthiopisch-sudanesischen Grenze als kritisch. Ein zu niedriges Wasservolumen im Blauen Nil könne die Turbinen schädigen, während ein zu hoher Wasserablass aus dem GERD einen Zusammenbruch des sudanesischen Damms zur Folge haben könnte.

Unter Vermittlung der Afrikanischen Union, der USA und der EU verhandeln die drei Länder seit Monaten über ein verbindliches Abkommen zum Betrieb des Damms, der kurz vor der Fertigstellung steht. Mit der Wasserkraftanlage will Äthiopien größter Stromexporteur Afrikas werden. Mit 74 Milliarden Kubikmetern aufgestauten Wassers wäre die "Grand Ethiopian Renaissance"-Talsperre der größte Damm Afrikas. (KNA)