Abgelehnte Asylbescheide - Mehr Flüchtlinge gewinnen vor Gericht

Mehr Flüchtlinge, die gegen die Ablehnung ihres Asylantrags klagen, haben inzwischen Erfolg vor Gericht. Gut 44 Prozent der Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, die inhaltlich entschieden und nicht anderweitig erledigt wurden, endeten zwischen Januar und September 2017 zugunsten der Flüchtlinge. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, über die zuerst die «Süddeutsche Zeitung» (Montag) berichtete. Im vergleichbaren Zeitraum 2016 lag diese sogenannte bereinigte Quote nach Angaben der Linksfraktion noch bei knapp 29 Prozent.

Die weitaus meisten Kläger erhielten vor Gericht einen Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention, danach folgten Abschiebungsverbote und der sogenannte subsidiäre Schutz. Nur ganz wenige erhielten Asyl nach dem Grundgesetz, das nur politisch Verfolgten zusteht, die nicht aus einem sicheren Drittland einreisen.

Betrachtet man die gesamten fast 99.000 Gerichtsentscheidungen in dem Zeitraum 2017, fielen davon mehr als 45 Prozent unter «sonstige Verfahrenserledigungen» - etwa Rücknahmen oder Zusammenlegungen von Klagen. Gut 30 Prozent der Klagen wurden abgelehnt, rund 24 Prozent der Verfahren endeten zugunsten der Flüchtlinge.

Die Klagequote bei allen Entscheidungen lag bei rund 48 Prozent; bei den ablehnenden Entscheidungen wurde gegen fast 90 Prozent geklagt. Die Zahl der Klagen, Berufungen und Revisionen lag bei knapp 273.000.

Die Innenpolitikerin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, die die Anfrage gestellt hatte, bezeichnete die Zahlen als Ausdruck zahlreicher Fehlentscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). «Die hohe Erfolgsquote von Klagen gegen Asylbescheide wirft ein düsteres Licht auf die Qualität der Entscheidungen. Es ist offensichtlich, dass die politisch gewollte Abschreckung von Schutzsuchenden haufenweise Fehlentscheidungen im BAMF hervorruft», sagte sie. Damit werde sehenden Auges in Kauf genommen, dass Schutzsuchende aufgrund solcher Bescheide in Krieg, Folter und Verfolgung abgeschoben werden, klagte Jelpke.

Das BAMF wies jedoch darauf hin, dass viele Kläger nur in der ersten Instanz Recht bekämen. In Berufungsverfahren würden dagegen oftmals die Asyl-Bescheide des BAMF bestätigt. Hier geht es oft um Flüchtlinge - meist Syrer -, die sich mit ihrem subsidiären Schutzstatus nicht abfinden und eine Anerkennung als Flüchtling wollen.

Die Linksfraktion kritisiert zudem, dass Union und SPD Algerien, Marokko und Tunesien sowie weitere Staaten mit einer regelmäßigen Asyl-Anerkennungsquote unter fünf Prozent zu «sicheren Herkunftsländern» erklären wollen. Die sogenannten bereinigten Schutzquoten bei den Maghreb-Ländern hätten zuletzt jedoch bei 4 Prozent (Tunesien), 10 Prozent (Algerien) und sogar rund 12 Prozent (Marokko) gelegen. Für diese Zählung werden ebenfalls nur die inhaltlichen Entscheidungen betrachtet - also Verfahren ignoriert, für die beispielsweise Deutschland nicht zuständig ist oder die eingestellt wurden, weil der Asylsuchende nicht zu erreichen war.

Unbereinigt lagen die Schutzquoten zwischen Januar und September 2017 nach Angaben des BAMF bei 3,4 Prozent (Tunesien), 3,5 Prozent (Algerien) und 6,2 Prozent (Marokko). Ein Staat stuft Länder als sichere Herkunftsländer ein, um Asylbewerber von dort einfacher in ihre Heimat zurückschicken zu können. In Deutschland stehen bislang die EU-Staaten sowie acht weitere Länder auf dieser Liste. (dpa)