3.400 Anrufe bei Radikalisierungshotline in fünf Jahren - De Maizière unterstreicht Bedeutung von Prävention gegen Terrorismus

Bei der Beratungshotline des Bundes für Verdachtsfälle islamistischer Radikalisierung haben sich in den fünf Jahren seit der Gründung rund 3.400 Anrufer gemeldet. Mehr als 1.750 Hilfesuchende wurden betreut, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin mitteilte. Die Hotline beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge war 2012 ins Leben gerufen worden, um besorgten Angehörigen und Freunden die Möglichkeit anonymer Hilfesuche zu geben. Inzwischen sei ein flächendeckendes Netzwerk mit Beratungsstellen auch in einigen Bundesländern entstanden, sagte de Maizière.

Der Innenminister betonte die Bedeutung von Prävention in diesem Bereich. Allein mit Repression werde man im Kampf gegen Terrorismus nicht erfolgreich sein, sagte er. Zu einem guten Vorbeugungskonzept gehörten internationale Entwicklungszusammenarbeit und Präventionsarbeit vor Ort.

Die Anlaufstellen beraten Angehörige etwa von Jugendlichen, die sich in Deutschland radikalisieren, Eltern, deren Kinder ausgereist sind, um sich dem Kampf gegen den «Islamischen Staat» anzuschließen oder Familien sogenannter Rückkehrer. Die Zahl der Anhänger der Salafistenszene, die eine radikale Auslegung des Islam vertritt, war in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Momentan gehen die Behörden von etwa 10.000 Salafisten aus. Nicht jeder Salafist sei ein potenzieller Terrorist, sagte de Maizière. Die Entwicklung besorge ihn aber.

Künftig sollen die Beratungsstellen ihr Angebot speziell für Flüchtlinge und deren Umfeld ausweiten. 650.000 Euro sollen dafür zur Verfügung gestellt werden, sagte de Maizière. Vera Dittmar vom Verein für Migrationsarbeit «Ifak» schilderte, wie mit unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen Radikalisierung verhindert oder gestoppt werden kann. Gerade am Anfang sei es oft erfolgversprechend, mit den Jugendlichen selbst zu reden. In einer fortgeschrittenen Phase von Radikalisierung hingegen seien Jugendliche kaum noch empfänglich für Gespräche und man versuche Hilfe über deren Umfeld.

Claudia Dantschke von der Beratungsstelle «Hayat» berichtete von den Sorgen und Ängsten von Eltern, deren Söhne oder Töchter ausgereist sind, um sich dem «Islamischen Staat» anzuschließen. Oftmals wüssten sie nicht, ob ihre Kinder überhaupt noch leben. In anderen Fällen meldeten sich Kinder mit der Bitte um Hilfe bei der Flucht zurück nach Deutschland. Allein Dantschkes Beratungsstelle betreut nach ihren Angaben rund 40 Fälle von Ausreisen.

Dantschke appellierte, über Eltern und Rückkehrer nicht vorschnell zu urteilen und Aussteigern eine zweite Chance zu geben. Nicht jeder Ausgereiste habe sich zum «kopfabschlagenden Monster» entwickelt. (epd)

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