25 Jahre Tag der Offenen Moschee - Starke Vorbehalte gegen Islam

Der Tag der Offenen Moschee wurde 25 Jahre alt. Bundesweit luden Moscheegemeinden wieder am 3. Oktober ein. Vorurteile und Misstrauen gegenüber dem Islam sind weiterverbreitet. Muslime sehen sich Hassbotschaften und Attacken ausgesetzt, klagen Verbände. Von Yuriko Wahl-Immel, dpa

Köln/Münster. Vorbehalte gegenüber dem Islam in größeren Teilen der Gesellschaft, ein weit verbreitetes Negativbild, Angriffe auf Moscheen, auf Muslime - und mittendrin der Tag der Offenen Moschee. Schon zum 25. Mal laden die Moscheegemeinden in diesem Jahr bundesweit ein. Bewusst am 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit, als Zeichen der Verbundenheit und Zugehörigkeit. Selbst ein Vierteljahrhundert nach Start der Initiative lassen sich die Probleme aber nicht ausblenden. Antimuslimische und rassistische Töne seien unüberhörbar geworden, sagt Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime. «Das bekommen wir Muslime richtig ab, auch mit Hassbotschaften und Attacken.»



Der Tag der Offenen Moschee war 1997 auf Anregung des ZMD ins Leben gerufen worden. «Das Konzept, sich offen allen Fragen zu stellen und Vorurteile möglichst auszuräumen, ist in beide Richtungen aufgegangen - für die Moscheegemeinden wie auch die Besucher», bilanziert Mazyek.



Allerdings: «Es ist kein Streichelzoo. Es kommen auch Personen mit sehr festgefahrenen Vorstellungen und geballten Vorurteilen. Das können dann sehr anstrengende Gespräche werden. Aber wir sehen auch immer wieder Bewegung und das ermutigt.»



Rund 5,5 Millionen Muslime leben in Deutschland. Zugleich hält sich Skepsis gegenüber dem Islam hartnäckig, wie Studien zeigen. So nimmt etwa dem aktuellen repräsentativen «Religionsmonitor»  der Bertelsmann Stiftung zufolge jeder zweite in Deutschland den Islam als Bedrohung wahr. Rund 13 Prozent wurden demnach 2019 als islamfeindlich eingestuft.



Mit Blick auf Ablehnung und hundertfache Angriffe auf Muslime und Moscheen im Jahr sieht Mazyek Rückschritte. Er hoffe, dass von einer neuen Bundesregierung «nicht nur Sonntagsreden zum Zusammenhalt kommen, sondern auch echtes Engagement für die Umsetzung von Gleichstellung und Gleichbehandlung des Islam in Deutschland.»



Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Uni Münster, betont: Aus vielen Untersuchungen gehe auch hervor, dass Vorbehalte und Misstrauen vor allem dort stark ausgeprägt sind, wo wenig Muslime leben. «Man muss also mehr Begegnung ermöglichen.



Dann wird man feststellen, dass auch viele Muslime normale Hoffnungen und Sorgen haben wie der Rest der Bevölkerung. Es machen sich viele Gedanken um den Job oder die Kindererziehung, aber mit Islamisierung haben sie überhaupt nichts zu tun.»  Der muslimische Theologe sagt: «Das Signal sollte sein: Die Moscheen sind 365 Tage im Jahr geöffnet. Das setzt aber voraus, dass die Imame dort auch in der Lage sind, sprachlich und kulturell als Ansprechpartner bereitzustehen.» Viele Imame sprechen allerdings Khorchide zufolge kein Deutsch und kennen die gesellschaftlichen Verhältnisse hierzulande kaum.



Seit 2007 organisieren die im Koordinationsrat der Muslime (KRM) zusammengeschlossenen mittlerweile sechs Islamverbände den Tag gemeinsam. Er sei «Türöffner» und «das älteste und verbreitetste Öffentlichkeitsprojekt der Muslime in Deutschland», unterstreicht der KRM in einem Magazin zum 25. Geburtstag. Man knüpfe Kontakte, wolle Zerrbilder korrigieren, Vertrauen schaffen. Deutschland habe ein Problem mit Islamfeindlichkeit, zugleich spüre man aber auch ein steigendes Interesse am Islam. Dieses Jahr lautet das Motto «Moscheen gestern und heute». Mehr als tausend Moscheegemeinden machen mit. Die bundesweite Auftaktveranstaltung fand in der Kölner Zentralmoschee der Türkisch Islamischen Union Ditib statt.



Die Christlich-Islamische Gesellschaft lobt das «niederschwellige» Angebot. Der Moscheetag sei «ein Ankerpunkt, der es vielen Menschen ermöglicht hat, zum ersten Mal überhaupt eine Moschee zu betreten», schildert eine Sprecherin. Kennenlernen, Begegnung und Wissenserwerb hätten eine große Bedeutung. Islam wie Christentum seien sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst.



Khorchide hält den Tag für wichtig, «denn er zeigt nach außen, dass Moscheen sich nicht in Hinterhöfen befinden, sondern sich öffnen und transparent sind.» Allerdings handele es sich oft um elitäre Veranstaltungen mit Vertretern aus Stadtverwaltung, Kirchen und solchen nichtmuslimischen Besuchern, die ohnehin mit der Moschee vertraut seien. «Islam-Kritiker, Skeptiker oder Menschen, die Ängste haben, erreicht man damit nicht», glaubt er.



Um nicht nur Gleichgesinnte anzusprechen, sondern sich auch kritisch-kontrovers und vertieft über den Islam auszutauschen, brauche es ein zielgruppenorientiertes Programm - vergleichbar etwa mit katholischen oder evangelischen Kirchentagen. Es sollten Islam-Kritiker auf den Podien vertreten sein. Kleinere ideologisch motivierte Randgruppen werde man aber auch mit gezielten Veranstaltungen nicht locken können. Khorchide stellt klar: Vor islam- und menschenfeindlichen Positionen könne man stattdessen nur deutlich warnen. (dpa)