Nein zur Registrierungspflicht für Muslime!

Der unverhohlen populistische Wahlkampf von Donald Trump zielte bewusst auf Minderheiten ab – darunter Migranten, Frauen, Menschen mit Behinderungen und Muslime. Sein Eintreten für eine Registrierung von Muslimen erinnert an eine finstere Epoche in Deutschland und sollte uns alle hellhörig machen. Ein Kommentar von Fred Amram

Von Fred Amram

Der designierte US-Präsident will eine Sonderregistrierung für Muslime einführen, insbesondere für ausländische Muslime. Meine Frau und ich stehen schon bereit; bereit, sich registrieren zu lassen. Wir sind zwar Juden, aber wir wollen sicherstellen, dass sich die Ereignisse in Nazi-Deutschland nicht wiederholen. Die Registrierungspflicht für Juden und andere scheinbar unbedeutende Gesetze, die in den 1930er Jahren in Nazi-Deutschland verabschiedet wurden, nahmen die Konzentrationslager der 1940er Jahre vorweg.

Ich wurde in Deutschland geboren, als Hitler und seine Partei an die Macht kamen. Ich erinnere mich an die speziellen Kennkarten für Juden. Ich erinnere mich an das große "J" darin. Die Kennkarte meiner Mutter zeige ich heute noch jedem, der sich dafür interessiert. Sie sieht so aus wie die meines Vaters und meiner Großmutter und aller anderen Juden. Damals in Hannover. Stets die gleiche Pose. Stets im Halbprofil. Stets die Fingerabdrücke des rechten und linken Zeigefingers. Stets der Adler und das Hakenkreuz. Stets das große "J".

Die Nazis gaben meiner Mutter einen zweiten Vornamen. Diesen Vornamen mussten alle jüdischen Frauen tragen. Auf der Kennkarte hatte sie mit diesem Namen zu unterschreiben: "Sara". Auch meine beiden Großmütter wurden als "Sara" registriert. Jüdischen Männern gaben die Nazis den zweiten Vornamen "Israel". Mein Vater musste sich nun "Israel" nennen. Ebenso wie mein Onkel. Und auch der jüdische Schneider in unserer Straße trug den zweiten Vornamen "Israel".

Mein zweiter Vorname wurde "Israel"

Wer als Jude die Kennkarte nicht bei sich trug, dem drohte die Inhaftierung. Die Polizei hatte sogar das Recht, zu schießen. Juden wurden ausgegrenzt, mussten sich eine Kennkarte ausstellen lassen und hatten einen Judenstern zu tragen. Dies alles geschah vor Auschwitz. Vor den Vernichtungslagern. Vor dem Stacheldraht. Vor den Massengräbern. Und vor dem Vergasen mit Zyklon B. Zuerst raubte man uns mit Kennkarten und Gesetzen die Bürgerrechte. Dann wurde es Juden untersagt, Nichtjuden zu heiraten. Juden durften keine Rundfunkempfänger besitzen. Dann kam die Gestapo in die Wohnungen. Und dann... Schritt für Schritt bewegten wir uns auf den Holocaust zu.

Was macht es schon, wenn sich Muslime bei den US-Behörden registrieren lassen müssen? Eine kleine Unannehmlichkeit. Nichts mehr. Wird das zu mehr Sicherheit beitragen? Wohl kaum. Aber welchen Schaden richtet es an?

Ich frage mich, wer sich als nächstes registrieren lassen muss. Ich frage mich, welche weiteren kleinen Unannehmlichkeiten Muslime als nächstes erdulden sollen. Welches Bürgerrecht wird in unseren Vereinigten Staaten als nächstes verschwinden?

Wir alle sollten uns als Muslime registrieren lassen

Bisher wurde die Sonderregistrierungspflicht nicht umgesetzt. Bisher bleibt es bei der Ankündigung. Wir könnten dieses Vorhaben jedoch aushebeln, wenn wir alle ankündigen, uns ebenfalls registrieren zu lassen. Wie will die Regierung die Sonderregistrierung einer bestimmten Gruppe durchführen, wenn sich jeder dieser Gruppe als zugehörig erklärt?

Ich erinnere mich, dass der dänische König Christian X. während des 2. Weltkriegs persönlich ankündigte, einen Judenstern zu tragen, wenn die deutschen Besatzer die Juden im Land zwingen sollten, einen gelben Stern zu tragen – so wie es fast in ganz Europa der Fall war. Der König schrieb in seinem Tagebuch:

"Wenn wir die unmenschliche Behandlung von Juden betrachten, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den besetzten Ländern, treibt uns die Sorge um, ob auch wir uns diesem Ansinnen beugen müssen. Dem allerdings müssen wir uns schon wegen des in der Verfassung verbrieften Schutzes klar widersetzen. Ich habe deutlich gemacht, dass ich einem solchen Ansinnen nicht stattgeben könnte. Falls dieses Ansinnen vorgebracht wird, ist es die einzige richtige Haltung für uns alle, den Davidstern zu tragen."

Lassen Sie uns jetzt hoffen, dass sich jeder freiwillig einer Registrierung unterziehen wird, falls irgendeine Minderheit zwangsregistriert werden sollte. Wir stehen bereit, das Recht auf gleichen Schutz vor dem Gesetz zu verteidigen. Wir werden nicht wegsehen. Wir werden dafür einstehen.

Wir sagen klar und deutlich: NIEMALS WIEDER!

Fred Amram

© Qantara.de 2017

Übersetzt aus dem Englischen von Peter Lammers

Fred Amram ist emeritierter Professor an der Universität von Minnesota und Vorstandsmitglied von "World Without Genocide". Er ist Autor des Buches "We're in America now: A survivor's stories".