Erdogan fordert in USA Respekt für Muslime - und seine Politik

Der türkische Präsident Erdogan sendet von seinem USA-Besuch Signale an die Anhänger in der Heimat: Ihre islamische Religion sei ebenso zu respektieren wie ihr gewähltes Staatsoberhaupt. Kritische Demonstranten und Berichte passen nicht ins Bild.

Erdogan hat während seines USA-Besuchs islam-feindliche Äußerungen im laufenden US-Wahlkampf angeprangert. Kritiker seiner eigenen Politik stellte er als Anhänger von Terror-Organisationen dar, die dazu beitrügen, den Ruf des Islam zu schädigen. «Wir müssen gegen diejenigen kämpfen, die unsere Religion diffamieren», zitierten US-Medien die Worte Erdogans am Samstag bei der Eröffnung eines von der Türkei finanzierten islamischen Kulturzentrums nahe Washington.

Erdogan nannte keine Namen. Vor allem der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hatte in den letzten Monaten die Angst vor islamistischen Terroranschlägen geschürt und ein Einreiseverbot für Muslime gefordert. Andere Bewerber distanzierten sich von dieser Forderung.

Erdogan rief bei der Eröffnung des islamischen Zentrums mit Moscheekomplex in Lanham (Maryland) dazu auf, gemeinsam gegen Hass und Terrorismus vorzugehen. Neben dem selbst ernannten Islamischen Staat nannte er in diesem Zusammenhang auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.

Proteste gegen seinen Besuch in Washington stellte der türkische Präsident ebenfalls in einen terroristischen Zusammenhang. Die Demonstranten vor dem Brookings Institut, wo Erdogan am Donnerstag eine Rede hielt, seien Anhänger von Terror-Organisationen und ihren Verbündeten, sagte er. Türkische Sicherheitskräfte hatten Journalisten bedrängt, die über die Proteste berichteten. In der Türkei ging am Freitag der Prozess gegen zwei regierungskritische Journalisten weiter.

Kritik von US-Präsident Barack Obama am Umgang mit der Pressefreiheit in der Türkei nahm Erdogan nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA gekränkt auf. Er sei «betrübt» darüber, sagte Erdogan demnach am Samstag vor Journalisten in Washington. Obama habe das Thema beim persönlichen Treffen am Rande des Nuklear-Gipfels mit ihm nicht angesprochen.

Es gebe einen Unterschied zwischen Kritik und Beleidigung, sagte Erdogan. «Beleidigungen und Drohungen werden auch im Westen nicht gestattet.» Nach Angaben des Justizministeriums wurden seit Erdogans Wahl zum Staatspräsidenten im August 2014 mehr als 1.800 Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung eröffnet.

Auch deutsche Medien gerieten ins Blickfeld. Nach Ausstrahlung einer Satire des Norddeutschen Rundfunks über Erdogan bestellte das Außenministerium in Ankara den deutschen Botschafter Martin Erdmann ein, um gegen den knapp zweiminütigen Film zu protestieren.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verurteilte dieses Vorgehen in der «Bild am Sonntag» als «absolut unhaltbar». Er verlangte ein klares Signal der Bundesregierung: «Wir müssen Erdogan klarmachen: In unserem Land gibt es Demokratie. Ende.» SPD-Vize Olaf Scholz riet dagegen zur Zurückhaltung: Es sei wichtig, dass man Diplomatie nicht politischen Kundgebungen verwechsle, sagte er der «Hamburger Morgenpost» (Samstag).

Eine ausdrücklich so gekennzeichnete Schmähkritik des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann wurde indes nicht wiederholt: Das ZDF strich in der Nacht zu Samstag in Böhmermanns Sendung «Neo Magazin Royale» den entsprechenden Beitrag. Die Verse enthalten zahlreiche Formulierungen, die unter die Gürtellinie zielen. (dpa)