Papst und Großmufti drängen Religionen zum Einsatz für Frieden

Papst Franziskus ist zum Abschluss seiner Kaukasusreise am 2.10. von Großmufti Allahschükür Paschazade empfangen worden. Die Begegnung fand als interreligiöses Treffen in der Heydar-Aliyev-Moschee in Baku statt. Paschazade rühmte das Zusammenleben der Religionen in Aserbaidschan als Vorbild für die Welt und lud zu einer Fortsetzung des Dialogs ein. Franziskus mahnte die Glaubensgemeinschaften, sich aktiv für die Lösung der Konflikte einzusetzen. Erstmals wohnten einem Besuch eines Papstes in einer Moschee auch Vertreter orthodoxer Kirchen und des Judentums bei.

Der Großmufti des Kaukasus nannte die ethnische und religiöse Vielfalt den "nationalen Reichtum" seines Landes. Multikulturalität sei Teil der staatlichen Politik. Weiter lobte er die "fruchtbare und effektive" Zusammenarbeit mit dem Vatikan. Paschazade gehörte zu den Unterzeichnern des Offenen Briefs der 138 Islamgelehrten, mit dem diese 2007 zu einer Intensivierung des Dialogs zwischen Christen und Muslimen aufriefen. Der 67-Jährige ist eine geistliche und fachliche Autorität für den in Aserbaidschan dominierenden schiitischen wie für den sunnitischen Islam.

Franziskus hält eine Antwort der Religionen auf Gewalt für unaufschiebbar. Es sei "die drängende Stunde, geduldige Prozesse der Versöhnung einzuleiten", so der Papst. "Gott und die Geschichte selbst werden uns fragen, ob wir uns heute für den Frieden eingesetzt haben", sagte er. Die Frage der Zeit sei nicht die, "wie wir unsere Interessen verfolgen können, sondern welche Lebensperspektiven wir den kommenden Generationen bieten, wie wir eine Welt hinterlassen können, die besser ist als die, welche wir empfangen haben".

Religionen hätten deutlich zu machen, "dass die begrenzten Fähigkeiten des Menschen und die Güter dieser Welt niemals zu absoluten Größen werden dürfen". Die Glaubenslehren sollten "das Beste des Menschen zum Vorschein zu bringen", so der Papst. Religionsführer trügen die große Verantwortung, den Menschen auf der Suche nach Orientierung "echte Antworten" zu bieten.

Aufgabe jeder Zivilgesellschaft sei es, der Religion "wirkliche und echte Freiheit zu garantieren", sagte der Papst in der Moschee. Erneut wandte er sich gegen jede Instrumentalisierung von Glaubenslehren für Konflikte und Unterdrückung. "Niemals mehr Gewalt im Namen Gottes! Sein heiliger Name werde angebetet, nicht geschändet und verschachert von Hass und menschlichen Gegensätzen", sagte Franziskus.

Zum Verhältnis der Religionen untereinander sagte er, es gehe weder um "versöhnlichen Synkretismus" noch um "diplomatische Offenheit, die zu allem Ja sagt". Dagegen betonte er: "Mit den anderen sprechen und für alle beten: das sind unsere Mittel, um Lanzen in Winzermesser zu verwandeln". Erneut sprach er sich für kulturelle Vielfalt aus: "Sich den anderen zu öffnen, macht nicht ärmer, sondern es bereichert, denn es hilft, menschlicher zu sein", so der Papst.

Der Begegnung wohnten Vertreter mehrerer in Aserbaidschan beheimateter Religionsgemeinschaften bei, so etwa der orthodoxen Kirche, der in die christliche Frühzeit zurückreichenden kaukasisch-albanischen Kirche und des Judentums. Sie nutzten das Treffen in der Moschee für einen kurzen persönlichen Austausch mit Franziskus. (KNA)