Schäuble kritisiert "unsortierte" Debatte über Muslime und Flüchtlinge

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Diskussionen um Flüchtlinge und Muslime in Deutschland als teilweise wirr kritisiert. Die Debatte verlaufe streckenweise "derart aufgewühlt und unsortiert, dass sie der Sache nicht immer nützt", schrieb Schäuble in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies den Eindruck einer Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik zurück.

Schäuble forderte, es müsse unterschieden werden zwischen Flüchtlingen, denen in ihren Heimatländern "Gefahr für Leib und Leben droht", Migranten mit der Hoffnung auf ein besseres Leben, die Deutschland zurückweisen dürfe, und der notwendigen Zuwanderung von gut Ausgebildeten. Auch müssten "Muslime, möglicherweise auch ganz unreligiöse, die hier bereits integriert sind", unterschieden werden von einem Islam, "um dessen Vereinbarkeit mit liberaler Demokratie und Menschenrechten sich eine islamische Theologie in Deutschland durchaus bemüht", und schließlich vom islamistischen Terrorismus.

Dass es eine wachsende Zahl von Muslimen in Deutschland gebe, sei zweifellos "für die Aufgeschlossenheit der Mehrheitsgesellschaft eine Herausforderung", schrieb Schäuble. Die Herkunft der "allermeisten Flüchtlinge" bedeute außerdem, "dass wir es zunehmend mit Menschen aus ganz anderen Kulturkreisen zu tun haben". Es habe islamistischen Terrorismus und sexuelle Übergriffe durch Migranten gegeben - dennoch dürfe keine Atmosphäre entstehen, "in der gut integrierte Menschen sich in Deutschland fremd fühlen", mahnte Schäuble.

Bundeskanzlerin Merkel stellte in der "Sächsischen Zeitung" von Samstag klar, dass sie trotz heftiger Kritik ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik nicht geändert habe. "Ich habe meine Politik nicht geändert, sondern Politik gemacht", sagte sie der Zeitung. "Ich sehe keinen Kurswechsel, sondern eine in sich schlüssige Arbeit seit vielen, vielen Monaten." Ein Kurswechsel sei auch nicht notwendig.

Merkel räumte ein, alle Beteiligten hätten seit Sommer vergangenen Jahres lernen müssen, dass es nötig sei, Europas Außengrenzen zu schützen, wenn es innerhalb Europas Freizügigkeit geben solle. Ebenso sei es nötig, sich viel mehr mit den Fluchtursachen zu beschäftigen, sagte die Kanzlerin. "Auch das mussten wir lernen."

Kürzlich hatte sich Merkel als Reaktion auf das schlechte Abschneiden der CDU bei mehreren Landtagswahlen selbstkritisch zu ihrer Politik geäußert. Auf einen grundlegenden Kurswechsel dringt besonders die CSU. Sie will eine Obergrenze für die Aufnahme von Schutzsuchenden.

Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) verlangte nun im "Focus", Leistungen für Flüchtlinge zu kürzen. Es führe "zu sozialen Verwerfungen, wenn der Staat zum Beispiel im Monat 5.000 bis 6.000 Euro für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ausgeben muss und viele Frauen in Deutschland am Ende eines langen Arbeitsleben nicht ansatzweise Rente in dieser Höhe bekommen", sagte er. Es sei "ungerecht, jemandem, der noch nie einen Cent in die Sozialkassen einbezahlt hat, alle sozialen Leistungen zukommen zu lassen". (AFP)