Friedenszeichen vom Breitscheidplatz - Interreligiöse Kundgebung am Berliner Anschlagsort

Drei Monate nach dem islamistischen Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt haben am Donnerstagabend in der Bundeshauptstadt mehrere hundert Menschen für ein friedliches Zusammenleben und gegen religiösen Fanatismus demonstriert. Aufgerufen zu der Kundgebung am Ort des Anschlags hatten mehr als 20 verschiedene religiöse Gruppierungen. Unter den Rednern der zuvor wegen der Nähe einiger Teilnehmer zum Islamismus heftig kritisierten Veranstaltung war auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Die Polizei sprach von insgesamt rund 500 Teilnehmern.

Begonnen hatte die Friedenskundgebung mit einem stillen Gedenken an die Opfer von Terrorismus und religiösem Wahn auf den Stufen der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz. Dort, wo am 19. Dezember 2016 ein von dem Islamisten Anis Amri gesteuerter Lastwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast war, finden sich bis heute Kerzen und Beileidsbekundungen für die zwölf Todesopfer.

Berlins Regierender Bürgermeister Müller sagte bei der anschließenden Kundgebung, während der Breitscheidplatz am Tag des Anschlags ein Ort des Schreckens und der Trauer gewesen sei, solle nun ein Zeichen der Hoffnung und der Zuversicht von ihm ausgehen. Während die Täter solcher Anschläge die Gesellschaft in einen Kampf der Kulturen und der Religionen hineinziehen wollten, solle dagegen ein deutliches Zeichen des Zusammenhalts gesetzt werden.

«Wir wollen ein tolerantes, weltoffenes und lebenswertes Berlin für alle», sagte der SPD-Politiker unter dem Beifall der rund 500 Kundgebungsteilnehmer. Dafür genüge es nicht, vom «Sofa zu Hause aus das Elend der Welt zu beklagen», fügte der hinzu. Man müsse auch etwas dagegen tun.

Berlins evangelische Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein nannte die Kundgebung ein wichtiges Zeichen in die Gesellschaft hinein, «dass wir es ernst meinen mit dem Frieden». Der Pfarrer der miteinladenden Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Martin Germer, erinnerte an einen Ausspruch des scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck, wonach die Trennlinie nicht zwischen Herkunft oder Religion verlaufe, sondern zwischen Demokraten und Nichtdemokraten.

Von der miteinladenden Neuköllner Begegnungsstätte e.V. sprach der Imam Taha Sabri. Nach seinen Worten gibt es zwar Unterschiede zwischen den einzelnen Religionen, diese seien aber gering gegen das einander Verbindende. Anschläge wie am 19. Dezember 2016 schmerzten die Muslime «im Herzen». Der oder die Täter bezeichneten sich zwar selbst als Muslime, hätten aber nichts mit dem Islam zu tun, sagte Taha Sabri. Vertreter aller Religionen wollten einfach nur in Frieden miteinander leben, ergänzte der Imam.

Nach der Kundgebung gab es Friedensgebete der verschiedenen Religionen, also von Christen, Muslimen, Juden, Buddhisten, Hindus und Sikhs. Außerdem trat der Begegnungschor auf, ein Berliner Projekt für Geflüchtete und Einheimische.

Vor der Kundgebung hatte es heftigen Wirbel um die Veranstaltung gegeben, weil mehrere muslimische Unterstützer dem Umfeld des Islamismus zugerechnet werden. Der Zentralrat der Juden hatte Regierungschef Müller aufgefordert, die Kundgebung nicht zu besuchen. Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche wiesen die Kritik zurück. (epd)