Gläubiges Staunen - Pergamonmuseum zeigt Bibelhandschriften aus islamischer Welt

Das Berliner Pergamonmuseum zeigt christliche und islamische Handschriften aus dem Vorderen Orient. Sie belegen die Vielfalt der christlichen Traditionen in der Region und sind Zeugnisse des Kulturaustausches zwischen Christentum und Islam. Von Sigrid Hoff

Ein in Leder gebundener, kleiner Papyrus-Kodex aus Ägypten aus dem 4. Jahrhundert mit den Sprüchen Salomos in koptischer Sprache gilt als ältestes Ausstellungsobjekt. Zu den prächtigsten Exponaten hingegen gehört eine reich mit Miniaturen illustrierte islamische Geschichte der Propheten, aufgeschlagen ist das Bild der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies. Beide Objekte sind ab Freitag in der neuen Sonderausstellung «Gläubiges Staunen – Biblische Traditionen in der Islamischen Welt» des Museums für Islamische Kunst im Berliner Pergamonmuseum auf der Museumsinsel zu sehen.

Rund 50 wertvolle Handschriften belegen sowohl die Vielfalt der christlichen Traditionen im Vorderen Orient als auch die Adaption biblischer Motive in der islamischen Buchkunst: So zeigen illuminierte armenische Evangeliarien, syrische Pergamentbibeln oder Zeugnisse von Bibelübersetzungen in arabischer Sprache die Verwendung islamischer Motive in der christlichen Buchkunst. Umgekehrt bezeugen reich illustrierte Handschriften aus dem persischen Raum die Beliebtheit biblischer Motive in der islamischen Kultur.

Ein eigenes Ausstellungskapitel ist indischen Miniaturen gewidmet, die christliche Renaissancemotive verwenden. «Wir wollen mit der Ausstellung die Vielfalt an religiösen Traditionen und kulturellen Begegnungen in der islamischen Welt deutlich machen», erklärt Christoph Rauch, Leiter der Orientabteilung der Staatsbibliothek.

Die Ausstellung stellt dabei die verbindende Rolle der Bibel in den Vordergrund: Denn die heiligen Bücher Tora, Bibel und Koran basieren trotz aller religiösen Konflikte in Vergangenheit und Gegenwart auf einer Quelle und entstanden im selben Kulturraum.

Die Reise zu den Ursprüngen der Bibel beginnt mit hebräischen Bibelfragmenten des 9. Jahrhunderts aus dem heutigen Irak und einer Esterrolle aus Leder aus dem Jemen, wo sich bereits seit der Antike Juden niedergelassen hatten. Erste Bibelübersetzungen entstanden in syrischer Sprache im 5. bis 9. Jahrhundert auf dem Gebiet der heutigen Südosttürkei. In der Berliner Ausstellung werden dazu ein kleiner syrischer Reise-Psalter neben einem reich dekorierten Evangeliar präsentiert, dessen Motive islamisches Flechtwerk verwenden.

Besonders schöne Handschriften sind aus der armenischen Tradition erhalten. Die armenische Kirche, um 300 n. Chr. gegründet, gilt als die älteste Staatskirche überhaupt. Die Beispiele zeigen Miniaturen, in denen sich islamisch-orientalische Motive mit byzantinischer Tradition mischen wie etwa in der prächtigsten armenischen Handschrift der Orientabteilung, die aus dem georgischen Gori stammt.

Sonderformen der biblischen Kulturen bildeten sich zudem in Äthiopien und im nubischen Christentum heraus. Zu den ausgestellten Exponaten früher äthiopischer Miniaturkunst zählt eine in leuchtenden Farben und expressiven Darstellungen illustrierte Handschrift aus dem 15. Jahrhundert.

Der Einfluss jüdisch-christlicher Tradition auf den Islam wird im Buchkunstkabinett des Islamischen Museums gezeigt. Er lässt sich im auch im Koran nachweisen, wo einzelne Suren biblischen Offenbarungen beschreiben. Aber er ist auch jenseits der Koranabschriften in literarischen und wissenschaftlichen Werken zu finden.

In einer Zeit der interreligiösen Konflikte erinnert die Berliner Ausstellung daran, dass Juden, Christen und Muslime in einer Welt lebten und der Kontakt zwischen den Religionen die Kulturen bereichert. (epd)

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